Donnerstag, 29. September 2011

Erfahrungsbericht: Undercover: Operation Wintersonne


Das nächste Spiel stammt zur Abwechslung mal vom hinteren Ende das Alphabets: Undercover: Operation Wintersonne. Es handelt sich um ein Point & Click Adventure, das während des Zweiten Weltkrieges spielt.
Entwickelt wurde es von Sproing Interactive Media GmbH, einem in Wien ansässigen Unternehmen, zu dessen bisherigen Veröffentlichungen so illustre Titel wie Moorhuhn Piraten, Catch the Sperm und Mein Gestüt - Ein Leben für die Pferde zählen.
Sproing entwickelt für verschiedenste Plattformen: Wii, Nintendo DS, Playstation, PC, Mac, iPhone, Browser...
Undercover: Operation Wintersonne wurde 2006 veröffentlicht. 2007 folgte ein Prequel mit dem Titel Undercover: Doppeltes Spiel für Nintendo DS.

Die Verpackung von Undercover: Operation Wintersonne besteht aus einem aufklappbaren Karton, der DVD-Hülle und Handbuch beinhaltet. Zugegebenerweise habe ich kaum einen Blick darauf geworfen - bei Point & Click-Adventures ist das eben einfach nicht nötig.
Was auf der Verpackung über das Spiel steht (packende Spionage-Story, umfangreiche Sprachausgabe, komplexe individuelle Animation usw...) kann man durchaus gelten lassen.
Den Satz über die "faszinierende Mischung aus historischen Fakten und realen Schauplätzen" habe ich glatt überlesen, weswegen ich im Nachhinein über einige Aspekte des Spiels doch sehr überrascht war.

Startbildschirm

Die Installation klappte problemlos, das erste Starten auch. Als erstes machte ich mich an den Optionen zu schaffen und spielte mich ein wenig mit den Grafikeinstellungen rum. Etwas unpraktisch, dass die nicht sofort wirksam werden, sondern erst bei einem Neustart des Spieles. Da gab es dann auch das erste Problem: egal was ich änderte, beim nächsten Neustart stürzte das Spiel ab, um beim darauffolgenden Neustart wieder in der ursprünglichen Minimalkonfiguration zu laufen.
Mag zwar sein, dass meine Grafikkarte nicht gerade optimal ist für das Spiel - wenn's denn überhaupt daran lag-, aber eine anständige Fehlermeldung wäre mir lieber gewesen, als ein Crash.

Der angepriesene Sepia-Filter funktionierte leider auch nicht - entweder es änderte sich gar nichts, oder die Bodentextur verschwand - so war das wohl nicht geplant.


Ich ließ für den Rest des Spiels also die Finger von den Einstellungen und wandte mich der Handlung zu. Es kam ein kurzes Intro, in dem eine Frau in einem Restaurant geheime Waffenpläne zugespielt kam.
Dann konnte ich das eigentliche Spiel starten und es kam eine weitere Videosequenz: der Physik-Professor John Russell wird darin vom MI6 angeheuert: er soll gemeinsam mit dem Agenten Peter Graham nach Berlin reisen um herauszufinden, wie weit die Deutschen mit der Entwicklung der Waffe schon vorangekommen sind - schließlich hat er das nötige Hintergrundwissen und spricht außerdem Deutsch.

Professor John Russell

Die gesamte Story spielt sich in der zweiten Januarwoche des Jahre 1943 ab und führt von London über Berlin und Haigerloch nach Russland. Zwischendurch stößt noch Agentin Anne Taylor zu den beiden.
Nach Infiltration verschiedener Gebäude in Berlin zwecks Auffindens der Pläne geht es schließlich zur Produktionsstätte der Uranbombe in einem unterirdischen Atombunker und letztendlich nach Stalingrad, wo das Zünden derselben verhindert werden soll.

Unterwegs.

Die Steuerung erfolgt mit den beiden Maustasten und ist im großen und ganzen auch sehr intuitiv. Mittels Tastatur kann man außerdem Gespräche abbrechen und sich Ausgänge und Hotspots anzeigen lassen - letzteres allerdings nur, wenn man in den Optionen den Einsteigermodus aktiviert hat, was ich unterlassen habe (von wegen Finger von den Einstellungen lassen).

Das Speichern ging äußerst schnell, das Laden konnte dafür ein Weilchen dauern.

Wie man es von Adventures gewohnt ist, befindet sich das Inventory in einer Leiste, in diesem Fall unten. Objekte können wie gewohnt verwendet, kombiniert oder auch genauer betrachtet werden.

Beim Rumschnüffeln.

Die Grafik war in Ordnung, hätte ich die Optionen raufdrehen können wäre ich vermutlich mehr beeindruckt gewesen. Die vorgerenderten Hintergrundbilder waren aber auch mit minimalen Grafikeinstellungen zum größten Teil hübsch anzuschauen, nur wenige Stellen wie etwa die extrem zweidimensionalen wirkenden Schaufenster in Berlin bildeten hier eine Ausnahme.
Zu den besuchten Orte zählen Gebäudekomplexe und Straßen in Berlin, das idyllische Haigerloch, der unterirdische Bunker mit diversen Schleusen und Gerätschaften, das zerbombte Stalingrad...

Springbrunnen und Pfarrer von Haigerloch.

Die Figuren sind dreidimensional und natürlich um einiges pixeliger, den Professor fand ich aber trotzdem gelungen. Agent Graham sah allerdings aus, als käme er direkt aus der Hölle und sowohl MI6-Fritze Colonel Trevers als auch Obersturmbanndings von Pressnitz sehen aus, als hätte man ihnen ihr Gesicht aufgebügelt.

Ein namenloser Soldat, Peter Graham, von Pressnitz

Zum Sound... tja, der Sprecher des Professors hörte sich irgendwie ungewohnt an. Vielleicht, weil man es von PC-Spiel-Helden nicht gewohnt ist, dass sie auch mal rumstottern, aber er kam durchaus sympathisch rüber. Stellenweise hat man allerdings stark gemerkt, dass das Gesagte mit den Lippenbewegungen nicht nur nicht synchron ist, sondern dass beide nichtmal gleich lang dauern.
An die Hintergrundmusik kann ich mich ehrlich gesagt kaum erinnern - außer dass sie mir hauptsächlich dann auffiel, wenn sie vermitteln sollte, dass es gerade brenzlig wird.

Bruchlandung in Stalingrad.

Die Spielatmosphäre hätte durchaus spannender sein können, wenn man bedenkt, dass der arme Professor bei Nacht und Nebel, an Wachen vorbei, in diverse Nazi-Gebäude einbricht. Es bestand selten Gefahr, tatsächlich erwischt zu werden.

Von den Charakteren haben nur der Professor und Agentin Anne Taylor nennenswerte Tiefe, alle übrigen spielen eine zu kleine Rolle oder sind so flach wie man es erwartet.
Dafür unterscheidet sich der Professor umso mehr von den sonst üblichen PC-Spiel-Helden. Er ist unsicher, faselt manchmal rum und rückt ständig nervös seine Brille zurecht. Anne ist nicht ganz so ausgereift und es nervt ein wenig, dass sie immer mit durchgedrückten Kreuz dasteht wie Paris Hilton vor 'ner Horde Fotografen. Ein bisschen weniger Laufsteggehabe hätte ihr nicht geschadet.

Anne, Graham, Russell.

Leider machte ich schon relativ früh Bekanntschaft mit dem ersten Crash, der aus heiterem Himmel kam. Es folgten noch viele weitere, manche einfach so, manche reproduzierbar. So vertrug das Spiel es gar nicht, wenn ich das Intro abbrach - das hatte nämlich zur Folge, dass der Versuch, einen Speicherstand zu laden, in einem Crash endete. Auch wenn ich zu oft Gespräche abbrach, endete das mit einer hohen Wahrscheinlichkeit mit einem Absturz - was dazu führte, dass ich mir immer wieder ellenlangen Dialoge mehrmals anhören musste.

Zwar gibt es einen Patch, der ein paar Kleinigkeiten im Spiel korrigierte, aber auf mein Crash-Problem keinerlei Auswirkungen zeigte.

Diese Schwierigkeiten waren einer der Gründe, wieso ich die Monologe des Professors als etwas zu lang empfand. Ein Mann der Wissenschaft sollte durchaus in der Lage sein, sich kürzer und treffender auszudrücken.
Allerdings habe ich eine Menge neue lateinische Sprichwörter gelernt - Abyssus abyssum invocat! Audiatur et altera pars! Faber est quisque fortunae suae!
Da sag nochmal einer, Computerspiele wären Zeitverschwendung.

Das Heereswaffenamt in Berlin.

Bei den Dialogen hat man keine die Möglichkeit, Entscheidungen zu treffen, man kann lediglich die Reihenfolge der Fragen bestimmen.
Auch hätten die Dialoge und Zwischensequenzen meiner Meinung nach durchaus ein wenig kürzer sein können, ich will lieber was tun als nur zusehen, sonst säße ich ja vor dem Fernseher und nicht vor dem Computer.

Interessant waren dafür die Rätsel. Einiges war altbekannt, zB einen zerrissenen Zettel zusammensetzen, andere waren dafür richtig spannend. Die meisten waren auch fair, obwohl stellenweise ein nerviges Pixelsuchen dabei war.

Nur ein falscher Draht durchgezwickt und schon kracht es.

Vor allem das letzte Rätsel mit dem Bombenentschärfen fand ich gut gemacht.

Die Storyline war in Ordnung, hätte aber gerne etwas ausdetaillierter sein können. Im Endeffekt ist ja nicht wirklich viel passiert. Und das Ende war mir auch nicht ganz klar - vielleicht hätte ich dazu Russisch können müssen. Insgesamt war das Spiel auch verdammt kurz - ohne das permanente Sequenzen wiederholen, Dialoge anhören und Neustarten bleiben nur wenige Stunden Nettospielzeit übrig.

Leider hat das ständige Crashen den Spielfluss doch erheblich gestört - wenn ich mitgefiebert habe, hab ich natürlich nicht daran gedacht, alle paar Minuten zu speichern. Und immer wieder Sequenzen wiederholen zu müssen und dabei die Dialoge auch nicht abbrechen zu können, weil es sonst erst recht wieder crasht, verdirbt nach einer Weile auch den Spass.


Stellenweise war es geradezu frustrierend, weiterzuspielen. Aber nicht zuletzt aufgrund des sympathischen Protagonisten zähle ich dieses Spiel doch zu den besseren Adventures. Schön, mal einen Helden zu sehen, der Hirn hat, dennoch ein wenig unsicher wirkt und der es nicht ganz cool nimmt, wenn wo ein paar Leichen rumliegen.

Eine tickende Uranbombe.

Und ich muss zugeben, dass ich sehr überrascht war, als ich herausfand, dass es nicht nur den Ort Haigerloch wirklich gibt, sondern dass das ganze Setting im Spiel so sehr der Realität entspricht: Kirche, Springbrunnen, Fachwerkhäuser und ein Schwanenwirt, dessen Bierkeller zu einem Atomforschungslabor umgebaut wurde (man kann es sogar besichtigen).

Meine Bewertung für Undercover: Operation Wintersonne: 6.0 Punkte.

Freitag, 23. September 2011

Erfahrungsbericht: Aurora - Das letzte Experiment


Bei Aurora - Das letzte Experiment handelt es sich um ein Adventure aus dem Jahr 2007 das von BluMiAl Studios entwickelt wurde.
Hinter letzterem verbergen sich offenbar zwei Italiener, Aurora war das erste veröffentlichte Spiel der beiden und dürfte wohl auch das einzige bleiben, da das Unternehmen nicht mehr zu existieren scheint. Es gibt weder eine Unternehmensseite, auf die ich verlinken könnte, noch eine offizielle Game-Seite.

Gestolpert bin ich über das Spiel bei Ebay, Interesse weckte - neben den mittelmäßigen bis schlechten Kritiken, die das Spiel für dieses Blog geradezu prädestinieren, vor allem der Titel. Aurora ist nicht nur ein toll klingendes Wort, sondern auch eine hübsch anzusehende Sache - wenn sich etwas mit diesem Namen schmückt, muss doch irgendwas dran sein, dachte ich.


Außerdem ist auf dem Cover der DVD-Hülle eine Frau mit futuristisch aussehendem Haarhelm zu sehen. Schade, dass sie im Spiel nicht vorkommt (naja, zwei mal sieht man sie kurz durchs Bild laufen).

Laut Rückseite der Verpackung ist Aurora ein "packendes Point-and-Click Adventure, das im hochdetailliert dargestellten New Mexiko der 50er Jahre spielt".
Außerdem hat es
  • 3D-Umgebung
  • Multiple-Choice-Dialoge und verzweigte Handlungsstränge mit mehreren (wovon mehrere wird leider nicht verraten)
  • Erstklassiger Soundtrack und Audio-Effekte
  • Animierte und interaktive 3D-Charaktere
  • Logik-Rätsel und -Puzzles
Zum inhaltlichen Aspekt wären noch einzuwerfen: gerüchteweiser Absturz eines UFOs in Roswell im Jahr 1950, Area 51 und Projekt Aurora.

Das erste was dabei auffällt, ist das Jahr 1950. Der Roswell-Zwischenfall war ja 1947 - Absicht? Zufall? Ein Fehler? Ein Paralleluniversum? Antwort darauf habe ich keine, denn es wird im Spiel nicht erklärt.

Ein Handbuch gibt es nur in PDF-Form, es hat gerade mal 9 Seiten, von denen sich nur 4 mit der Steuerung des Spiels beschäftigen - was aber nicht unbedingt etwas schlechtes ist, weist es doch auf eine simple Bedienung hin.

Die Installation des Spiels verlief problemlos und dauerte auch nicht übermäßig lang (im Gegensatz zu Against Rome).

Nach dem Starten des Spiels erscheint dann erstmal dieses Menü, das auch gleich einen schönen Eindruck davon vermittelt, was man vom Spiel erwarten kann.

Aurora -Das letze Experiment.

Optionen zum Umstellen gibt es übrigens keine, auch wenn das Startmenü gegenteiliges vermuten lässt: man erhält über diesen Menüpunkt lediglich Zugang zu Website, Handbuch und Email-Adresse.

Man selbst schlüpft im Spiel in die Rolle von John Pileggi, der ganz dem Klischee-Detektiv eines Film Noir entspricht, offenbar einen Hang zu Alkohol hat, von seiner Frau verlassen wurde und so pleite ist, dass er sich nicht mal eine Zeitung leisten kann.

John Pilggi. Hat ein Bild von sich selbst am Schreibtisch stehen.

Unterteilt ist das Geschehen in drei Tage, was für die Handlung aber keine wesentliche Rolle spielt.
Die Story beginnt damit, dass jemand einen Brief unter der Tür des Detektivs durchschiebt: eine Frau beauftragt ihn darin, nach ihrem Freund zu suchen. Diesem gehörte das Grundstück, auf dem das abgestürzte Objekt gefunden wurde, und sie glaubt, dass sein Verschwinden damit zu tun hat.
Der gute Pileggi macht sich also auf die Suche, mangels anderer Möglichkeiten löst er aber erstmal einen ganz anderen Fall, bei dem es um Versicherungsbetrug geht. Zum Dank dafür verrät ihm der Sheriff dann etwas, dass ihm bezüglich des Verschwundenen weiterhilft.
Normalerweise würde ich ab diesem Zeitpunkt vage werden in der weiteren Beschreibung, aber da ich es für eher unwahrscheinlich halte, eine nennenswerte Anzahl potentielle Spieler und -innen damit zu verschrecken, erlaube ich mir hier ein paar Spoiler:

Der verschwundene Freund ist bereits seit 8 Jahren tot, aber in seinem Haus findet Pileggi einen geheimen Zugang zu Area 51. Dank einem Ausweis, den ihm ein mysteriöser Fremder zuvor in einer dunklen Gasse zugesteckt hat, kann er sich Zutritt zu einem geheimen Sektor verschaffen, als es plötzlich kracht und er sich im Jahr 1997 befindet.
Dort recherchiert er auch wieder ein Weilchen rum und erfährt schließlich, dass damals russische Rebellen Area 51 angriffen. Dabei kam es in Verbindung mit der Zeitmaschine Aurora zu einer nuklearen Katastrophe, und er, Pileggi, landete irgendwie in der Zukunft. Mithilfe eines Wissenschaftlers, der sich als Sohn des damaligen mysteriösen Fremden rausstellt, reist er mittels einer weiteren Zeitmaschine zurück und verhindert das ganze. Im Abspann erfahren wir, dass der Brief von seiner Frau geschrieben wurde, die unfreiwillig zu den Rebellen gehörte und hoffte, so seine Neugier zu wecken und ihn zu weiteren Nachforschungen zu bewegen.

Ganz schön Hightech für 1947 oder 1950.

Die Idee mit der Zeitmaschine als Ursache für den Roswell-Zwischenfall fand ich eigentlich gar nicht so schlecht, - ich hatte ja ganz einfallslos mit UFOs und Aliens gerechnet -, leider war sie aber nicht besonders gut umgesetzt. Der Versicherungsfall am Anfang nimmt meiner Meinung nach zu viel Raum ein und lenkt von der eigentlichen Story ab, dafür hätte einiges in Area 51 und im letzten Teil des Spiels durchaus detaillierter und ausgiebiger ablaufen können.
Viele Handlungsstränge führen nirgendwo hin oder sind unnötig. Die ganze Sache mit dem Brief passt gar nicht rein und fühlt sich unvollständig an, eine Szene mit fehlenden drei Minuten wird nie erklärt, ebenso wenig der Film mit den drei leuchtenden Lichtern in Area 51, wozu ich einen sechsstelligen Code rumtrage, erfahre ich auch nicht, und was jetzt am Ende eigentlich tatsächlich passiert ist - abseits von dem, was Pileggi verhindert hat -, kommt auch nicht so ganz raus. Alles in allem wirkte die Story nicht fertig durchdacht.

Die Charaktere sind ebenfalls nicht besonders ausgereift, was vor allem damit zusammenhängt, dass man fast nichts über sie erfährt und sie selbst auch nichts von sich geben - Sprachausgabe gibt es nämlich nicht. Von Pileggi bekommt man, bis auf vereinzelte Meldungen, nur während einer handvoll Dialoge etwas mit, die meisten anderen Charakere stehen ohnehin nur regungslos in der Landschaft rum.

Barkeeper.

Die Steuerung ist theoretisch simpel - man klickt auf ein Objekt, um es zu nehmen, zieht es über einen anderen Gegenstand, um es zu kombinieren oder eine Lupe darüber, wenn man es sich näher ansehen will. Dennoch ist die Handhabung des Inventorys eine Qual. Dieses befindet sich in einer Leiste am oberen Bildschirmrand. Um es zu öffnen, reicht es nicht, die Maus einfach nach oben zu bewegen - sie musste ganz nach links in der Leiste, wo sich ein Kistensymbol befindet. Dann klappt die Leiste auf und man kann die Maus zu einem der Objekte darin bewegen. Aber wehe man rutscht dabei nach unten, aus der Leiste heraus, dann ist die Leiste nämlich gleich wieder weg und man muss wieder ganz nach links zur Kiste.

Etwas seltsam ist auch die Handhabung der Nahansicht: will man ein Objekt im Raum näher betrachten, muss man eine Lupe aus dem Inventory darüberziehen. Will man allerdings ein Objekt aus dem Inventory näher ansehen, muss man dieses nehmen und über eine andere Lupe im Inventory ziehen.

Zur Fortbewegung klickt man auf Richtungspfeile, die an bestimmten Stellen auf dem Bildschirm erscheinen, oder auf Türschnallen, wenn man Türen öffnen will. Hier gibt es weniger Rumsucherei als in so manchem anderen Spiel, da die entsprechenden Ausgänge doch meist deutlich erkennbar sind, aber auf Dauer ist die ständige 90°- oder 180°-Dreherei doch ein wenig nervig.
Daneben gibt es noch eine Übersichtskarte, mittels derer man sich an andere Orte begeben kann.



Die verschiedenen Schwierigkeitsgrade und die Bandbreite der Rätsel sind enorm. Diese sind teilweise simpel (zerschneide Kabel mit Zange), teilweise konventionell (Schieberätsel, Musikrätsel, Hebelrätsel,...), teilweise in fast der gleichen Konstellation aus anderen Spielen bekannt (verbranntes Papier mit zwei Hutgestellen aus Draht und einer Flamme wieder lesbar machen), teilweise etwas, ähm, gewöhnungsbedürftig (eine palindromische Primzahl finden) und teilweise komplett an den Haaren herbeigezogen.

Oder kommt wirklich jemand - ohne irgendeinen Hinweis - auf die Idee, dass das Computer-Passwort dieses Herrn nur "condor five" sein kann?

Die Grafik ist für 2007 doch ein wenig bescheiden. Einige der Räume sehen durchaus ok aus, andere dafür weniger. Vor allem die Personen kommen unvorteilhaft rüber: ein paar einzelne machen eine immer gleiche Alibi-Bewegung, die meisten sind aber entweder genauso starr und unbeweglich wie der Hintergrund, oder das Gesicht verschiebt sich innerhalb des Kopfes um ein paar Pixel, während der Rest des Körpers wie festgefroren ist - spooky!
Zwischendurch gibt es auch mal kurze, unspektakuläre Zwischensequenzen (sofern sie funktionieren... aber dazu später mehr).

Im Gespräch mit dem Portier.

Sprachausgabe gibt es, wie bereits erwähnt, keine. Dafür aber einige Soundeffekte und eine saxophonlastige Hintergrundmusik, die durchaus zu den gelungeneren Elementen des Spiels zählt.

Verwirrend ist der Sprachenmix: Beschriftungen, die Teil des Hintergrunds sind, sind manchmal italienisch (zB am Zeitungsstand oder an den Toilettentüren der Kneipe) manchmal aber auch englisch (zB im Sheriff-Büro oder in Area 51). Beschriftungen, die man in Nahansicht ansehen kann (Briefe, Zeitungen), sind in den meisten Fällen deutsch - und in der Regel in furchtbar unleserlichen Schriftarten -, gelegentlich aber auch englisch. Außer die Ausweise der US-Army, die sind interessanterweise halb englisch, halb italienisch.
Die Dialoge sind durchwegs deutsch (und sehr kurz), die Meldungen beim Betreten eines neues Gebietes sind englisch, die Bezeichnungen auf der Übersichtskarte ebenfalls. Detailbeschreibungen von Objekten sind in deutsch - außer wenn sie italienisch sind.
Und die Bezeichnungen der Objekte in der Inventarleiste sind durchwegs italienisch - besonders doof, wenn man etwas zusammenbauen muss und keine Ahnung hat, was man da eigentlich für Teile mit sich rumträgt.

Inventarleiste und eine Versicherungspolice, inklusive aktivierter Rechtschreibprüfung.

Aber die eigentlichen Bugs kommen ja erst noch: die Reihenfolge der nötigen Aktionen ist leider nicht richtig durchdacht. Manchmal kann man das, was man machen soll, nicht machen, weil man gar nicht an den Ort kann, an den man muss. Das führt zu Sackgassen, was das Laden eines früheren Speicherstandes nötig macht.

So muss man zB an einer Stelle einem Journalisten den Presseausweis klauen. Leider klappte es nicht und der Journalist haute ab - sodass ich mich vorerst anderen Dingen zuwandte. Einige Zeit später konnte ich plötzlich nichts mehr machen, außer nachts in das Gebäude des Roswell Daily Chronicle einzubrechen. Nach Hause wollte er nicht ("Habe noch zu tun"), zum Untersuchungsort auch nicht ("Zu spät, mach ich morgen"), und im Roswell Daily Chronicle konnte ich nichts anderes zu tun, als mir einen Tisch in Nahansicht anzusehen. Nach einem Blick in die Lösung stellte sich heraus, dass ich den Presseausweis auf den Tisch legen musste, um weiterspielen zu können... den ich natürlich nicht hatte.

Noch schlimmer war jedoch, dass das Spiel an zwei Stellen, an denen Videos abgespielt werden sollten, crashte. Es gibt keinen Patch für dieses Problem, wohl aber eine Menge Leute, denen das gleiche passiert ist. Ich probierte sämtliche Tipps durch, die in diversen Foren empfohlen wurden, hatte jedoch keinen Erfolg.

Unbekannter Fehler.

Da ich auch nicht aufgeben wollte, nachdem ich mich schon so weit durchgekämpft hatte, machte ich mich auf die Suche nach passenden und funktionsfähigen Savegames, die ich schließlich auch fand. Unterm Strich verbrachte ich jedenfalls mehr Zeit mit der Lösung des Crash-Problems als mit dem eigentlichen Spiel.

Wie das Gameplay und die Atmosphäre bei solchen Schwierigkeiten rüberkommen, kann man sich ja denken. Lediglich während dem letzten Teil des Spiels, vor allem beim Durchsuchen eines leeren Hauses, dem Sprit herstellen für eine Wagen und dem Besuch in einer Bibliothek konnte ich mich ein Weilchen in das Spiel hineinleben. Die übrige Zeit empfand ich fast durchgehend als nervig.
Überraschend ist auch, wie schnell man in diesem Spiel an ein Game over kommt - zB wenn man drei mal versucht, das Büro des Sheriffs zu betreten. Oder wenn man, nachdem man zwei Männer am Fenster vorbeilaufen sieht, nicht sofort auf die Idee kommt, in den nächsten Raum zu flüchten und sich im Schrank zu verstecken. Solche Lösungen, auf die man nur kommen kann, wenn man vorher ins Gras beißt, sind unfair.

Angesichts all dieser Schwächen ist es kaum möglich, das Spiel positiv zu bewerten. Mir ist durchaus klar, dass es sich hier um ein Indie-Game handelt, und die zwei Italiener haben sich vermutlich auch Mühe gegeben... aber wenn man das Ergebnis mit dem Ein-Mann-Spiel The Lost Crown vergleicht, liegen da Welten dazwischen.

Die italienischen Inventarbeschreibungen hätte man als Zeichen des guten Willens doch wenigstens durch Babelfish jagen können, die ständig zuklappende Inventarleiste konnte doch keinen wirklich sinnvollen Grund gehabt haben, die Crashes hätten auch nicht sein müssen und was die Handlung betrifft, wäre bei diesem durchaus interessanten Ansatz doch sicher auch mehr drin gewesen, wenn man das ganze ein bisschen besser durchdachte hätte.
Wirklich schade, dass dem nicht so war.
Andrerseits: gut, dass ich wieder mal ein richtiges B-Game gefunden habe.

Meine Bewertung für Aurora - Das letzte Experiment lautet daher: 3 Punkte.

Donnerstag, 22. September 2011

Zwischenstand

In den letzten Monaten hatte ich leider verdammt wenig Zeit, mich PC-Spielen zu widmen, was auch die Durststrecke hier im Blog erklärt.
Jetzt habe ich wieder etwas mehr Freizeit und habe auch bereits angefangen, mich durch einige Spiele meiner umfangreichen Sammlung zu testen. Ich hatte beschlossen, dort weiterzumachen, wo ich vor The Lost Crown und Criminal Intent aufgehört hatte: bei A.

Den Anfang machte Against Rome, ein Echtzeitstrategiespiel aus dem Jahr 2003 von Independent Arts Software GmbH.
Ich denke, ich habe schon mal erwähnt, dass ich nicht wirklich auf Strategiespiele stehe - und Against Rome hat mich definitiv nicht zum Umdenken bewegt. Auf den ersten Blick sieht es ja ganz nett aus, aber die Steuerung ist sowas von unintuitiv, dass schon das alleine ausgereicht hätte, mir komplett die Stimmung zu versauen - hätte ich nicht ohnehin das Problem gehabt, in mehreren Anläufen nicht mal heil durch das Tutorial zu kommen, weil Horden von bösen Gegnern mich ständig totkloppten.

Ich gab also auf und wandte mich dem nächsten Titel zu: Age of Wonders II: The Wizard's Throne, ebenfalls ein Strategiespiel, diesmal rundenbasiert, und von Triumph Studios aus dem Jahr 2002.
Der Anfang war vielversprechend: die Installation erheblich kürzer als bei Against Rome, die Steuerung um einiges logischer und übersichtlicher, das Tutorial überstand ich lebend und das Aufdecken der Karte war auch spannender. Im Großen und Ganzen erinnert das Spiel verdammt stark an Heroes of Might and Magic III, und das mochte ich immerhin.
Etwas ungewohnt war, dass man im Kampagnenspiel jemanden names Merlin spielt, womit ich mich so gar nicht identifizieren konnte.


Age of Wonders II: The Wizard's Throne

Da es mir in der Kampagne aber ohnehin genauso ging wie bei Against Rom - ich wurde von den Gegnern fertiggemacht ohne Ende -, wandte ich mich den Szenarien zu. In diesen schlüpft man in verschiedene Rollen, ist auch mal Elfe oder Nomade. Aber auch an den Szenarien biss ich mir, trotz Schwierigkeitsgrad leicht, bisher die Zähne aus. Mir fehlt da wohl ein Gen oder so, jedenfalls bin ich mit Strategiespielen nicht kompatibel.

Ich legte also auch Age of Wonders II beiseite und nahm mir den nächsten Titel vor: Aurora - Das letzte Experiment. Dieses fällt in die Kategorie Adventure, und liegt mir schon mal mehr als Strategiespiele. Wie es lief? Dazu in Kürze mehr.


Dienstag, 21. Juni 2011

Review: Law & Order - Criminal Intent

Ich bin eigentlich kein großer Krimi-Fan, aber zu den wenigen Serien die ich regelmäßig ansehe gehört Law & Order: Criminal Intent - und da auch nur die Episoden, in denen Robert Goren ermittelt.
Insofern wurde es mal Zeit, dass ich mir das Spiel zur Serie vornahm, das schon längere Zeit bei mir im Regal rumstand und von dessen Cover mich niemand geringerer als der eben genannte anstarrte.


Entwickelt wurde Criminal Intent von Legacy Interactive, einem in Los Angeles ansässigen Unternehmen, das außer mehreren Titeln aus der Law & Order Reihe auch diverse Emergency Room- und Tierarzt-Spiele auf den Markt gebracht hat.
Veröffentlicht wurde Criminal Intent im Jahr 2005.

Bei dem Spiel handelt es sich um ein Adventure, in dem - wenig überraschend - Mordfälle aufgeklärt werden.
Die Verpackung weist insgesamt drei mal darauf hin, dass die deutsche Stimme von Robert Goren spricht (ohne zu erwähnen dass der Synchronsprecher Christian Weygand heißt) und verspricht darüber hinaus brilliante PC-Adventure-Umsetzung inklusive aller Serienstars mit 60 sprechenden Charakteren und 70 verschiedenen Schauplätzen.
Die auf dem Cover dargestellte Mordszene kommt im Spiel übrigens nicht vor und zwei der auf der Rückseite dargestellten Screenshots sind mir im Spiel auch nicht untergekommen.
Dafür gibt es ein brauchbares Handbuch - nicht gerade umfangreich und ausschweifend, aber es sind alle nötigen Informationen drin.

Tot.

Die Installation funktionierte reibungslos und das Spiel startete ohne jegliche Probleme.
Die möglichen Einstellungen beinhalten das übliche: man kann Untertitel, Musik, Hintergrundgeräusche und dergleichen ein- oder ausschalten.
Leider gibt es nur wenige Möglichkeiten, an der Grafik zu drehen, hier kann man lediglich den Schatten und die Hintergrundanimationen ein- oder ausschalten.

Das Spiel bietet drei Schwierigkeitsstufen: Anfänger, Standard und Experte. Man kann den Schwierigkeitsgrad auch während des Spiels ändern, was sehr praktisch ist. Ich habe durchgehend auf Standard gespielt, die Spieldauer lag bei 18 Stunden - mit ein wenig Inanspruchnahme von Walkthroughs.

In einem kurzen Intro erfahren wir die Ausgangssituation: insgesamt drei Mordakten landen auf Gorens Schreibtisch. Eine tote Frau wird in einem Hotelzimmer gefunden, eine Leiche wird aus dem Fluss gefischt und ein Mann wurde in seiner Wohnung erschlagen. Drei völlig unterschiedliche Fälle, die erstmal nichts miteinander zu tun haben.

Drei Fälle gilt es zu lösen.

Um zu ermitteln, schlüpft man nun also in die Rolle von Detective Robert Goren, der das ganze Spiel über ohne seine aus der TV-Serie bekannte Partnerin Eames unterwegs ist - er scheint sich aber noch nicht daran gewöhnt zu haben, alleine unterwegs zu sein, denn öfter mal spricht er von sich in der Mehrzahl ("Wir sind vom Major Case Squad.").

Man kann die Morde in beliebiger Reihenfolge untersuchen und auch immer wieder zwischen den Fällen hin- und herwechseln, wenn man mal an einer Stelle hängt.
Nachdem alle drei Fälle gelöst sind, kommt es schließlich zu einem vierten Mord, der eine Verbindung der übrigen drei herstellt und ebenfalls von Goren gelöst werden muss, um das Spiel schließlich relativ abrupt enden zu lassen.

Gorens wichtigstes Tool bei den Ermittlungen ist sein PDA.
Dieser enthält eine Karte, mittels der er die Orte auswählt, an die er sich begeben will, seine Fallakte, die in Zeugen, Beweise, Dokumente und Berichte unterteilt ist, ein Telefon inklusive Sprachbox, seine Notizen zum aktuellen Fall und einen Knopf, der ins Hauptmenü führt.

Der allmächtige PDA.

Es gibt außerdem drei fixe Orte auf der Karte, die während allen Morduntersuchungen angesteuert werden können. Das sind zum einen die Gerichtsmedizin, in der man sich über Todeszeitpunkt, Mordwaffe usw informieren kann und wo man zu jeder Leiche einen Autopsiebericht erhält, das Kriminallabor, in dem Beweisstücke auf Fingerabdrücke oder andere Spuren untersucht werden und das Major Case Squad.

In der Gerichtsmedizin.

In letzterem befindet sich Gorens Schreibtisch mit den drei Fallakten, zwischen denen er wechseln kann und sein Computer, mit dem er - durch die Analyse verschiedener Beweise - ein Täterprofil erstellen kann.
Außerdem gibt es hier die Abteilung Aufnahmen und Ermittlung, in der er Hintergrundinformationen zu Zeugen, aber auch zu verschiedener Beweisstücke erhält und die Überwachungseinheit, welche auf Gorens Geheiß Personen beschattet.
Weiters findet man hier das Büro von Captain Deakin, bei dem man sich Durchsuchungsbefehle holen kann und den aus der Serie bekannte Vernehmungsraum mit den grauen Fliesen.

Beim Verhör.

Goren wählt also einen Mordfall aus und beginnt seine Ermittlungen. Er begibt sich an den Tatort, untersucht die Leiche und die Umgebung gründlich, sammelt Spuren und Beweise ein und lässt sich kein Detail entgehen - falls doch, heißt es nachher viel rumrennen und rumsuchen bis das fehlende Puzzleteil gefunden ist. Zwischendurch muss er das eine oder andere Rätsel lösen um neue Beweise, Personen oder Orte freizuschalten.

Interessant ist Gorens Befragungstechnik: wenn er Verdächtige zu einem bestimmten Stichwort verhört, kann er aus fünf Fragemodi wählen. Diese sind streitlustig, täuschend, schmeichelnd, gradlinig und einfühlsam.
Man muss je nach Stichwort, Situation, Charakter und emotionalem Zustand des Gegenübers entscheiden, welcher Fragemodus am erfolgversprechendsten ist. Während der richtig gewählte Modus Antworten bringt, macht der falsche Modus das Gegenüber verschlossener und führt nach mehreren Fehlschlägen schließlich zum Abbruch des Gesprächs.


Hat man genug Hinweise, um ein starkes Täterprofil zu erstellen, kann man dieses mit den verdächtigen Personen abgleichen.
Bei hinreichendem Tatverdacht kann man sich schließlich einen Durchsuchungsbefehl holen und in einem abschließenden Verhör ein Geständnis erreichen.

Täterprofil.

Die Bedienung des Spiels ist, zumindest in der Theorie, simpel: man verwendet ausschließlich die Maus. Mit der rechten Taste aktiviert man den PDA, mit der linken Taste bedient man diesen oder wählte Personen, Objekte, Ausgänge usw. aus.

Die tatsächliche Steuerung im Spiel läuft leider nicht ganz so reibungslos ab.
Zum einen liegt das daran, dass man den Bildschirm regelmäßig nach Ausgängen absuchen muss, die nicht immer dort liegen, wo man sie erwarten würde. Zum anderen ist der aktive Cursor, der anzeigt, dass ein Objekt näher untersucht werden kann, nicht besonders gut zu erkennen, vor allem nicht vor hellen Hintergründen. Eine auffälligere Farbe oder eine Formänderung des Cursors hätte hier einiges vereinfacht.

Der Cursor, mal inaktiv, mal aktiv.

Die Grafik fand ich für ein Spiel aus dem Jahr 2005 eher enttäuschend. Die vorgerenderten Hintergrundbilder sind zwar durchaus gut gelungen, vor allem jene der Innenräume, und es gibt auch sehr vielseitige Ansichten von Wohnungen und Büros über Lokale, Hotels, Straßen, einen Friedhof oder U-Bahn-Schächte.

Impressionen.

Das bewegte Wasser in einigen Außenräumen kam jedoch nicht allzugut rüber, und dass sich Goren in Spiegeln nicht spiegelt fand ich auch nicht so toll - da hätte man die Dinger doch besser gleich weggelassen. Gelungen fand ich allerdings die bewegten Fernseh- und Monitorbilder.

Die Figuren sind, im Gegensatz zu den Hintergründen, ziemlich pixelig geraten - umso mehr fällt dieser Kontrast unangenehm auf.
Die Figur von Goren lässt durchaus Ähnlichkeiten zu seinem TV-Alter-Ego erkennen, ist meinem Gefühl nach aber etwas zu klein und unförmig geraten, außerdem bewegt er sich wie Bigfoot.
Dazu kommt, dass die Hintergrundobjekte, hinter denen er sich manchmal befindet alles andere als sauber ausgeschnitten sind, manchmal verschwindet er auch teilweise darin, steckt zB halb in der Treppe.

Abgeschnittene Beine.

Weiters hat er oft Probleme seinen Weg zu finden und bleibt an Stühlen hängen oder dreht sich an einer Stelle solange im Kreis, bis man ihn wo anders hinschickt.
Beim Betreten eines neuen Raumes friert jedesmal das Bild ein - manchmal für mehrere Sekunden - und an einigen Stellen im Spiel kommt Goren auf unlogische Weise in dem anderen Raum an - zB läuft er eine Treppe hoch und bleibt mit Blick nach unten stehen oder mit Blick zur Wand statt in den Raum. Vereinzelt taucht er auch schon mal aus dem Nichts auf.
Überhaupt scheint man es mit Bewegungen und Drehungen von Körperteilen nicht so genau genommen zu haben: wenn man während Dialogen ungünstig steht, kann es schon mal vorkommen, dass eine der beteiligten Personen den Kopf um 180 Grad dreht.

Aua.

Die Sprachausgabe ist bis auf einige wenige Charaktere, die nicht wirklich optimal gecastet wurden, ganz gut - vor allem ist das natürlich dem Synchronsprecher von Goren zu verdanken, der hier wirklich gute Arbeit geleistet.
Ein paar kleine Patzer gibt es dennoch, wenn zB in der Sprachausgabe etwas anderes gesagt wird als in dem entsprechenden Computereintrag vermerkt ist.

Die Soundeffekte sind ebenfalls gut und meist auch passend, werden mancherorts jedoch störend, etwa wenn man längere Zeit im Büro verbringt und permanent das Telefon klingelt.

Die Musik enthält einige Motive, die man bereits aus der TV Serie kennt. In manchen Situationen wirkt die Hintergrundmusik auch auffallend präsent, was vielleicht damit zusammenhängt, dass Goren während der Ermittlungen oft alleine rumsteht um die Umgebung abzusuchen - in diesem Zusammenhang dient die Musik durchaus dem Aufbau der passenden Atmosphäre.

Dafür waren die Dialoge inhaltlich stellenweise katastrophal. Zum einen liegt das daran, dass man durch die Option der verschiedenen Fragemodi mehrmals nach demselben Stichwort fragt - dadurch geht logischerweise der natürliche Gesprächscharakter einer Unterhaltung verloren.
Zum anderen waren die Dialoge an manchen Stellen aber auch einfach nicht fertig durchdacht - wie ließe sich sonst sowas erklären?
Frage: Wann haben Sie sie zuletzt gesehen?
Antwort: Würde das nicht jede Mutter?
Die Krönung war jedoch, als ein Verdächtiger Goren erzählt, dass sein kleiner Sohn starb, weil er kein Geld für eine Operation hatte. Erst nach dieser Aussage erscheint das neue Stichwort Kredit - und zu diesem Thema meint Goren nun allen Ernstes, dass, wenn der Verdächtige das Geld bekommt, sein Sohn weiterleben kann.

Dass sich durch die fünf Fragemodi Unstimmigkeiten an manchen Stellen nicht vermeiden lassen ist zwar verständlich, aber Patzer dieser Art ziehen sich durch das ganze Spiel und kommen bei weitem viel häufiger vor als es nötig wäre.

Aufgelockert wird die Handlung durch einige kurze Zwischensequenzen - und die sind wirklich kurz, ich denke nicht, dass auch nur eine länger ist als eine Minute. Auf unnötiges Ausschmücken und Geschwafel wurde hier dankenswerterweise verzichtet.

Szene aus dem kurzen Intro.

Der Spielverlauf ist durch die drei Mordfälle allerdings nicht wirklich flüssig, zumindest wenn man oft zwischen den Fällen wechselt. Die Möglichkeit, wechseln zu können ist einerseits natürlich gut, wenn man mal wo hängt, andrerseits bringt es einen immer wieder aus dem Konzept und man muss sich jedes mal aufs neue mit dem aktuellen Fall vertraut machen.

Der übersichtliche PDA erleichtert das zwar, das non plus ultra ist er aber dennoch nicht. Einer der positiven Punkte am PDA - und auch am Spiel insgesamt - ist das wirklich schnelle Reisen. Kein stundenlanges Rumgerenne von einem Ende der Karte zum anderen - ein Klick und man ist am Ort des Geschehens.
Dafür ist die Sprachbox meiner Meinung nach ziemlich unnütz. Diese enthält Nachrichten aus den anderen Abteilungen, sobald Untersuchungsergebnisse da sind. Leider ist nicht ersichtlich, wann genau eine neue Nachricht dazu kommt. Da man im Verlaufe des Spiels ständig Beweise zur Untersuchung schickt und auch immer wieder mal hinläuft, ohne vorher die Sprachbox zu checken, ist - wenn man sie denn doch mal checkt - nicht klar, ob die Nachrichten überhaupt noch aktuell sind.
Ich stand jedenfalls öfter mal auf der Matte, weil es in einer Nachricht hieß, die Ergebnisse wären schon da, und dann hieß es erst recht "Sie haben mir noch nichts geschickt." oder "Die Ergebnisse sind noch nicht fertig."

Darüberhinaus waren die Fallakten im PDA sehr unordentlich umgesetzt und strotzten nur so vor kleineren und größeren Bugs.
Wenn der Mauszeiger über einer Person oder einem Objekt steht, wird deren bzw dessen Name eingeblendet - und bleibt oft auf dem Bildschirm noch stehen, wenn der PDA längst zugeklappt wurde. Und mit oft meine ich ca. jedes 2. bis 3. mal wenn man das Gerät benutzt - das ist nervig. Manchmal sind die Beschreibungen auch falsch und manchmal wird in leeren Feldern eine Beschreibung eingeblendet.
Die Detailbeschreibungen zu Objekten werden unleserlich, wenn ein Wort zu lang ist, in einem Fall sind sie auch gänzlich falsch, in einem anderen auf italienisch.
Beim Selektieren von Menüpunkten kann der PDA auch schon mal an einem falschen Punkt hängenbleiben - meist reicht dann das Schließen und neuerliche Öffnen des PDA, einmal jedoch war das nicht möglich und ich musste das Spiel killen.

Fehler.

Etwas ungut ist auch, dass Goren bei zu untersuchten Details nur bei der ersten Ansicht einen Kommentar abgibt - wenn man hier nicht genau zuhört, verpasst man unter Umständen etwas. Und eingesammelte Objekte kann man, wenn sie mal im PDA gespeichert sind, nicht nochmal im Großansicht ansehen - lediglich eine kurze Beschreibung dazu lesen.

Und in sämtlichen Auswahlmenüs kommt es regelmäßig vor, dass ein Begriff plötzlich grau und somit unselektierbar gekennzeichnet ist - was sich erst ändert, wenn man ein wenig rauf und runter scrollt. Leider schien bei den Auswahlmenüs auch der Mauszeiger manchmal zu hängen, sodass es öfter vorkam, dass ich zwar einen Begriff anklickte, jedoch der darüberliegende ausgewählt wurde.

Infos zu einer überprüften Person.

Der Vollständigkeit halber sei noch erwähnt, dass das Spiel einmal grundlos abstürzte und ein andermal eine Person plötzlich verschwunden war. Ich dachte an die überstürzte Flucht der Verdächtigen, und suchte alles bis ins kleinste Detail ab... Letzten Endes saß sie aber die ganze Zeit im Verhörraum. Da das ohne irgendwelche Hinweise oder Meldungen passierte, zähle ich das auch als Bug.

Die Rätsel sind teilweise leicht, teilweise mittelschwer und hin und wieder auch etwas nervig. So muss man zerrissene Zettel wieder zusammensetzen, richtige Passwörter oder Zahlenkombinationen herausfinden, Videobilder zusammensetzen, und sowohl ein Kreuzwort- als auch ein Musik- und Schieberätsel lösen.
Vor allem das Kreuzworträtsel sticht hier negativ heraus, denn man muss nicht nur die fallrelevanten Teile lösen, sondern das gesamte Kreuzworträtsel.
Da man leider nicht zwischen Windows und dem Spiel umschalten kann, muss man das Spiel also beenden um in aller Ruhe einen König von Sparta mit 8 Buchstaben oder eine Insel im Atlantik mit 6 Buchstaben zu googlen.

Diverse Rätsel.

Auch mit der Logik wurde es nicht ganz genau genommen.
Macht es wirklich Sinn, dass die ersten Untersuchungsergebnisse schon fertig sind, obwohl ich noch am Tatort rumstehe, den ich noch gar nicht fertig abgesucht habe?
Wieso kann ich alle und jeden (Kellnerin, Barkeeper, Portier, Kioskverkäufer, Rezeptionistin,... ) überwachen lassen? Hat das Major Case Squad wirklich so viel Geld und Ressourcen übrig?
Macht es Sinn, dass ich Überwachungskameras abmontiere, wenn ich Interesse an den Videobändern habe?
Ist es wirklich nötig, dass ich erst mal den Schlüssel des Mordopfers finde, um mir Zugang zu dessen Wohnung zu verschaffen?
Macht es wirklich Sinn, dass ich die Autopsieberichte der Gerichtsmedizin auf Fingerabdrücke untersuchen lassen kann?
Ist es wirklich ok, dass Goren bei einem Zeugen ganz ungefragt mal eben ein Bild von der Wand mitnimmt?
Und wie kann eine Polizeikollegin von einem Motelzimmer auf Roosevelt Island aus den Arbeitsplatz des Verdächtigen im westlichen Teil von Manhattan beobachten?

Fernglas hin oder her - das funkt nicht.

Zusammenfassend muss ich sagen, dass man es mit den Einzelheiten nicht wirklich genau genommen hat. Dazu kommt, dass das gesamt Spiel von unzähligen Patzern bei den Dialogen, der Grafik und dem PDA durchzogen ist.
Oft sind es zwar nur kleinere Fehler, aber sie summieren sich und hinterlassen so den Eindruck einer sehr schlampigen Umsetzung.
Die oft langwierige Sucherei nach vergessenen Details und die vergleichsweiser unspektakulären Fälle machen das Spielen nicht gerade spannender.

Eigentlich schade, denn das hat der gute Goren nicht verdient.

Allerdings hat Criminal Intent aber auch einen äußerst positiven Punkt vorzuweisen: die Speicher- und Ladezeiten waren extrem kurz.
Das Starten des Spiels vom Desktop inklusive vollständigem Laden eines Speicherstandes dauert weniger als 12 Sekunden! (Etwas länger dauert es, wenn man zu einem späteren Speicherstand runter scrollen muss).
Nichtsdestotrotz: das ist ein absoluter Spitzenwert!


Mein Fazit daher:
Netter Ansatz, Grafik solala, ein großartiger Sprecher, aber miese Dialoge und zahlreiche Schlampigkeitsfehler.
Wenn man nicht gerade Fan der Serie ist, sollte man sich die Anschaffung dieses Spiels wohl genau überlegen - insbesondere, da es unzählige Krimi-Adventures aus dem Markt gibt, die wesentlich besser gelungen sind.

Bewertung daher 5.5 Punkte.

Samstag, 28. Mai 2011

Erfahrungsbericht: The Lost Crown: A Ghost-Hunting Adventure


Mir wurde unlängst nahegelegt, The Lost Crown: A Ghost-Hunting Adventure zu spielen, da es sich hierbei um ein ungewöhnlich gutes Spiel handeln sollte.

Der Titel sagte mir gar nichts, jedoch war das Cover vielversprechend: es wird nicht nur von einem unheimlichen Mädchen, das mit der rechten Hand blutige Kratzer auf einem Bild hinterlässt und mit der linken eine tote (?) Krähe hält, geschmückt, sondern auch von mehreren lobenden Bewertungen, unter anderem dem Zitat "...könnte als das beste Horror-Adventurespiel aller Zeiten in die Geschichtsbücher eingehen... unglaublich aufwühlend...".

Das Cover.

Geistergeschichten sind nicht gerade etwas, das mich besonders anspricht, aber "das beste Horror-Adventurespiel aller Zeiten" klingt schon verdammt gut.
Solche Versprechungen wecken natürlich allerhöchste Erwartungen, und das ist selten ein gutes Zeichen. Erwartungen können realistische Möglichkeiten nun mal leicht um ein Vielfaches übersteigen. Ich war jedenfalls gespannt, was da auf mich zukommt.

Während der Installation, die übrigens völlig problemlos verlief, warf ich einen Blick in das Handbuch.
Laut Vorgeschichte stößt der Protagonist des Spiels, Nigel Danvers, beim Surfen auf der Website von Hadden Technologies zufällig auf Informationen, die er nicht hätte sehen dürfen.
Auf der Flucht vor zwei Agenten des Unternehmens setzt er sich in den nächstbesten Zug, in der Hoffnung, die beiden abzuschütteln.
Seine Reise endet auf einem kleinen Bahnhof nahe dem Städtchen Saxton - dort setzt die Handlung des Spiels ein.
Dem Handbuch ist auch noch eine Karte der Stadt mit den wichtigsten Gebäuden und Orten beigefügt.

Das Spiel lässt sich ohne irgendwelche Probleme starten - ein guter Anfang.
An möglichen Einstellungen gibt es nur eine einzige Option: Untertitel ja oder nein.

Mr. Hadden überwacht.

Ich starte ein neues Spiel und das Intro beginnt. Es zeigt Mr. Hadden von hinten, wie er vor vielen Bildschirmen sitzt. Wir erfahren, dass Nigel Dokumente gestohlen und möglicherweise zu viel gesehen hat... das Labor oder gar das Experiment. Er weiß auch, wo sich Nigel - der für Hadden Industries arbeitet - befindet.
Nach einigen seltsamen schwarz-weiß-Szenen mit Tarot-Karten, Krähen und einer Sichel endet das Intro mit Nigels Ankunft an dem kleinen, abgelegenen Bahnhof Sedgemarsh.

Ich muss gestehen, dass ich von dem, was ich im Intro gesehen habe, nicht auf das geschlossen hätte, was im Handbuch über die Vorgeschichte steht oder umgekehrt. Dank der Informationen aus beiden fühle ich mich jetzt aber halbwegs informiert.

Der Bahnhof von Sedgemarsh.

Der erste graphische Eindruck ist ein seltsamer: die Szenerie ist schwarz-weiß, mit vereinzelten Farbtupfern. Die vorgerenderten Bildhintergründe sind zweidimensional und teilweise fotorealistisch, teilweise gezeichnet, während die Figuren dreidimensional dargestellt sind.

Als erstes fällt auf, dass der Kontrast zwischen den realistischen Fotos und den äußerst schlecht animierten Figuren enorm ist. Nigel entspricht bei weitem nicht dem, was man vom heutigen Stand der Technik erwartet. Wenn er geht, bewegt er zwar die Füße, tut das aber völlig unabhängig von der Fortbewegung auf dem Boden - es sieht aus als würde er schweben, rollen oder gleiten. Besonders seltsam sieht das aus, wenn er sich, ohne Spuren im Sand zu hinterlassen, über den Strand bewegt.

Noch schlimmer ist es, wenn er sich einem Objekt zuwendet, um es sich näher anzusehen: zuerst dreht er den Körper abwärts der Hüfte dem Objekt zu, dann den Rest des Körpers oberhalb der Hüfte, dann beugt er Oberkörper und Kopf in einem Winkel von ca. 30 Grad in Richtung des Objekts. Diese Bewegung wirkt extrem unnatürlich, hinzu kommt, dass sein Kopf und vor allem seine Augen so leblos starr aussehen, als gehörten sie zu einer Schaufensterpuppe.
In Verbindung mit dem surrealen Setting frage ich mich, ob diese merkwürdige Darstellung Absicht ist oder einfach nur schlechte Animation dahintersteckt.

Nigel Danvers und die "örtliche Spezialität".

Dafür ist die Steuerung einfach: der Mauszeiger ändert sich, je nachdem ob Nigel in eine Richtung gehen, mit jemanden sprechen, etwas näher ansehen oder einen Gegenstand verwenden kann.
Am unteren Rand erscheint das Inventar, das unter anderem einen Ausweis beinhaltet, der Nigel als Mitarbeiter der Entwicklungsabteilung von Hadden Industries ausweist, sowie ein paar wenig aussagekräftige Logfiles, zwei seltsame Fotos und ein Dokument, in dem von einem Experiment mit Energiefluss, Phantomformen und einem Abgrund die Rede ist.
Darüberhinaus besitzt er einen Notizblock, auf dem er seine geplanten Aufgaben für den jeweiligen Tag notiert - das gesamte Spiel wird sich über einen Zeitraum von fünf Tagen erstrecken.

Nigels Tagesplan.

Die Sprachausgabe ist vorerst eher enttäuschend, im Intro finde ich sie sogar ausgesprochen schlecht und die Dialoge wirken fürs erste ebenfalls wirr zusammengeschustert. Frage und Antwort passen oft einfach nicht ganz zusammen und manche von Nigels Äußerungen klingen ebenfalls sehr merkwürdig. So sagt er, wenn man ihn an einen dunklen Ort schicken will,
Es ist zu dunkel um es mit eigenen Augen zu sehen.
- möglicherweise nur eine schlechte Übersetzung?

Die Mundbewegungen der Figuren sind nicht annährend mit den Sprachdateien synchron, es kommt mir vor, als würden die Texte noch minutenlang weiterlaufen, während die Figuren schon lange regungslos da stehen.
Abbrechen kann man die Dialoge auch nicht.

Im Gespräch mit Lucy.

Vorerst beschließe ich, mich auf die Handlung zu konzentrieren, doch schon bald gibt es die nächste negative Auffälligkeit, und zwar in den Untertiteln.
Wenn in einem Satz ein Begriff vorkommt, der in Anführungszeichen steht, kommen diese gleich dreimal vor: zwei mal um den Begriff rum und ein mal um den gesamten Satz rum.
"Nein. Ich meinte das ""The Bear""."
Diese formale Seltsamkeit zieht sich durch das gesamte Spiel.

Besuch bei Nanny Noah.

Nichtsdestotrotz hat diese seltsame schwarz-weiße Szenerie mit den wenigen bunten Elementen etwas faszinierendes. Und obwohl mir nicht klar ist, wieso Nigel, der doch auf der Flucht ist, nun unbedingt Mr. Hadden anrufen will, füge ich mich und spiele fleißig weiter.

In dem kleinen Hafenstädtchen Saxton, das regelmäßig von Schatzsuchern aufgesucht wird, weil sich in der Umgebung eine verlorene Sachsenkrone befinden soll, bezieht er das letzte freie Quartier: eine Bruchbude mit dem Namen Harbour Cottage, in der es, wie Nigel bald feststellt, nicht mit rechten Dingen zugeht.

Im Harbour Cottage.

Nigel telefoniert mit Mr. Hadden und erfährt, dass dieser nicht nur weiß, wo er sich befindet, sondern ihm bereits ein Paket an seine neue Adresse geschickt hat. Mit neuester Technologie soll er sich für ihn auf die Suche nach paranormalen Phänomenen machen.

Nachdem er keine andere Wahl hat, fügt sich Nigel und schon am nächsten Tag kann er seine Geisterjäger-Ausrüstung in Empfang nehmen: ein EMF-Meßgerät zum Messen elektromagnetischer Schwingungen, ein Diktafon um unerklärliche Stimmen aufzunehmen, eine Digitalkamera, um Aufnahmen von paranormaler Aktivität zu machen und eine Videokamera, die nicht nur manche Phänomene sichtbar macht, sondern im Dunkeln auch als Nachtsichtgerät dient. Außerdem ein Environmeter, das ist eine Art vernetzte Überwachungsanlage.

Die Nachtsichtfunktion gewährt unerwartete Einblicke.

Nigel gibt sich erstmal als Schatzsucher aus und macht schnell Bekanntschaft mit der örtlichen Bevölkerung - einige sind nett, einige schroff, und die meisten wollen, dass er nicht nach der Sachsenkrone sucht. Und sie alle haben gemeinsam, dass sie sich in Gesprächen seltsam unklar, wenn nicht kryptisch ausdrücken.

Die nächsten Tage verbringt Nigel damit, die Gegend zu erkunden, unerklärliche Phänomene zu dokumentieren, die seltsamen Vorkommnisse im Harbour Cottage zu erforschen, in alten Büchern zu stöbern, die Familiengeschichten der ortsansässigen Familien zu durchleuchten und auch die Geschichten und Legenden, die sich um die Stadt Saxton und die letzte Sachsenkrone ranken, zu ergründen.

Außerdem freundet er sich mit der Studentin Lucy an, die ihn bei seinen Forschungen unterstützt. Auch mit aktuellen Belangen des Städtchens muss er sich auseinandersetzen: dem mysteriösen Verschwinden von Katzen und dem nahenden Maifeiertag. Und als wäre das nicht schon genug, bekommt er jeden Morgen einen Drohbrief mit der Post.

Headline des Saxton Times.

Im Lauf der Handlung werden immer neue Fragen aufgeworfen und die Geschichte wird von mal zu mal spannender. Was zu Beginn des Spiels störend war - die schlecht animierten Figuren, die Sprachausgabe, die holprigen Dialoge - tritt in den Hintergrund. Die Ereignisse und die immer neuen Rätsel sind so packend, dass man gar nicht anders kann, als diese Geheimnisse aufdecken zu wollen.

Was hat es mit den Geistern auf sich? Wieso scheinen manche Orte und Personen aus einer anderen Zeit zu stammen? Was ist in Harbour Cottage passiert? Was ist das Familiengeheimnis der Agers? Wo ist die Sachsenkrone? Wer hat die Katzen entführt und wieso? Wer ist das unbekannte Skelett? Welche Rolle spielt Nigel in dieser Sache? Welche Rolle spielt Hadden Industries? Wieso spinnen alle Uhren der Stadt? Was geht hier eigentlich vor sich?

Ein Riss in der Landschaft.

Auch die ungewöhnliche Grafik wirft mehr Fragen auf als sie beantwortet.
Wieso ist alles schwarz-weiß? Handelt es sich um eine Designentscheidung des Entwicklungsstudios oder gibt es einen handlungsrelevanten Grund dafür? Wieso sind einige Elemente farbig - und wovon hängt ab, welche das sind? Wieso verläuft da ein Riss quer durch das Bild? Wieso weisen manche Orte eine Spiegelung auf? Wieso weist die Darstellung mancher Orte die Charakteristiken eines Zeitungsdrucks auf? Wieso sind da Brandflecken auf dem Bildschirm?
Alles Fragen, auf deren Antworten ich unheimlich gespannt bin.

Brandflecken im Bild.

Trotz - oder gerade wegen - der Konzentration auf das Erforschen dieses hochspannenden Abenteuers, gibt es jedoch auch einige Dinge, die den Spielspaß und Spielfluss stören.

So bewegt sich Nigel viel zu langsam. Wenn er einen Raum betritt, gleitet er erstmal gemächlich zu einer vordefinierten Stelle. Oft folgt auch noch ein Satz von Nigel oder ein Tier fliegt vorbei oder ein bestimmtes Geräusch ertönt bevor man Nigel wieder aktiv steuern kann. Das sind wertvolle Sekunden Spielzeit, die bei jedem Betreten eines Raumes aufs neue die Geduld strapazieren.
Manche Vorgänge sind völlig unnötigerweise langwierig und umständlich. So muss Nigel, wenn er Harbour Cottage betreten will, erstmal die Tür anklicken, in der Nahansicht der Tür schließlich den Schlüssel aus dem Inventar nehmen und dann diesen mit der Tür kombinieren. Dann betritt er das Haus, hängt Jacke und Mütze auf und sagt "Trautes Heim... zumindest fürs erste."
- erst danach kann die Figur wieder kontrolliert werden.
Im Verlauf des Spiels muss man unzählige Male durch diese Szene, wodurch das Spiel zwar länger, aber nicht besser wird. Auch das Nicht-Abbrechen-Können der Dialoge fällt in diese Kategorie.

Lehrreiche Bücher.

Die Rätsel sind sehr vielseitig und meist logisch nachvollziehbar. Einige sind zu lösen, indem man erhaltene Informationen richtig kombiniert - oder alternativ, indem man die Möglichkeiten durchprobiert, was oft schneller geht.
An manchen Stellen muss man, um weiterzukommen, ein bestimmtes Detail angesehen haben oder Bücher bis zur letzten Seite durchgeblättert haben - die Suche nach solchen vergessenen Details kann zeitraubend sein. Andrerseits weigert sich Nigel, ein Gebiet zu verlassen, wenn er dort noch etwas zu erledigen hat, was die Sache wiederum erleichtert.

Zu Nigels abwechslungsreichen Aufgaben gehört neben dem Fotografieren, Filmen und Aufnehmen von Geräuschen auch das Ausrichten von Monolithen, das Schneiden von Kräutern, das Vergleichen von Fußabdrücken, das Zusammenbauen oder Reparieren von Geräten, das Finden von Teilen, das Stehlen von Objekten oder das Orgelspielen.
Besonders spannend ist die Arbeit mit dem Environmeter, wenn Lucy, die am Bildschirm sitzt sieht, dank der Überwachungskameras Phänomene beobachtet, die Nigel vorort nicht sehen kann.

Ahnungsloser Nigel...

Womit wir zu einem Punkt kommen, der bei mir für Unverständnis gesorgt hat: Nigels Charakter. Ich fand ihn viel zu gelassen.
Es gab den einen oder anderen Schockmoment, der mich vom Sessel riss, Nigel blieb jedoch so gut wie immer ruhig.
Keine Reaktion, als er eine große Schere in seinem Bett vorfindet.
Die seltsamen Vorkommnisse im Cottage - unerklärliche Geräusche, Gegenstände die plötzlich da oder weg sind-, nimmt er zur Kenntnis, mehr aber auch nicht mehr.
Ein Polariod von vier häßlichen, geisterhaften Gestalten die um sein Bett rum stehen, während er schläft - keine Reaktion. Spätestens jetzt hätte ich meine sieben Sachen gepackt und notfalls am Strand campiert, aber ich leg mich doch nicht seelenruhig nochmal zum Schlafen in dieses Bett.

Toter mit Buch.

Auch seine Absichten sind für mich nicht immer nachvollziehbar. Zuerst flüchtet er vor Hadden, dann geht er plötzlich komplett in der Geisterjagd auf und will, koste es was es wolle, die Krone finden. Und zum Schluss gibt es nochmal eine 180 Grad-Wendung.

Vom Ende des Spieles war ich dann enttäuscht, denn ich fand zu viele meiner Fragen nicht beantwortet. Ich habe dieses wirklich hochspannende Spiel bis zum Ende durchgespielt, um zu erfahren, was hinter all dem liegt - aber das Ergebnis war einfach nicht befriedigend. Ich war noch verwirrter, als ich es zuvor war.

Positiv zu erwähnen ist allerdings, dass das Spiel relativ stabil lief, lediglich beim Wechseln zum Desktop beim gleichzeitigen Aufnehmen von Videoszenen aus dem Spiel kam es ein oder zwei mal zu Abstürzen.


Impressionen

The Lost Crown zu beurteilen, ist schwierig. Ich habe viele negative Punkte aufgezählt - alle zurecht: die mittelmäßig bis schlechte Sprachausgabe, die holprigen Dialoge, den nicht ausgereiften Charakter des Protagonisten, die unnötigen Längen und Schwächen in der Handlung und vor allem am Ende.
Auch wenn die unkonventionelle Grafik faszinierend ist und die Atmosphäre und Spannung mitreißend sind wie bei kaum einem anderen Spiel, würde ich dieses Spiel bestenfalls mit 7 Punkten bewerten. Wenn...

...wenn es da nicht eine Besonderheit gäbe. Diese betrifft die Entwicklung des Spiels.

Strahlend blauer Himmel.

The Lost Crown wurde von Darkling Room entwickelt und 2008 veröffentlicht, und hinter Darkling Room steht der Engländer Jonathan Boakes.

Das Spiel wurde also im Prinzip von einer einzelnen Person erschaffen. Jonathan Boakes hat die Story geschrieben, das Konzept und Design entworfen, das Spiel wurde von ihm mit der Wintermute Engine erstellt, er spricht (in der englischen Version) die Rolle von Nigel selbst und aufgrund der Ähnlichkeit gehe ich davon aus, dass er ihm auch sein Äußeres lieh.
Darüberhinaus hat er Homepages für die fiktive Hadden Industries und das Saxton Museum erstellt.
Lediglich Titellied, Partikeleffekte, übrige Sprechrollen und das Publishing wurden von anderen übernommen.
Wenn man das berücksichtigt und bedenkt, mit welchen anderen Titeln das Spiel konkurriert - und sich durchaus auch messen kann -, dann ist das Ergebnis mehr als bemerkenswert. Über schlechte Animation und Sprachausgabe kann ich dann gern hinwegsehen, denn ich erwarte nicht, dass der gute Mann alles kann.

Allerdings bin ich vom Handlungsverlauf und dem Ende nach wie vor ein wenig enttäuscht. Im Intro werden Dinge angedeutet, die im Verlauf des Spiels komplett im Sand verlaufen, das Cover hat nicht viel mit dem Spiel zu tun und viel zu viele Handlungsstränge werden nicht aufgelöst. Ich denke, hier hätte er durchaus etwas durchdachter und weniger konfus vorgehen können.

Ein seltsamer unterirdischer Ort.

Nichtsdestotrotz ist die Entwicklung von The Lost Crown mit den ihm zur Verfügung stehenden Mitteln eine unglaubliche Leistung, und das Spiel muss sich auch trotz einiger Schwächen nicht hinter Titeln, die von wesentlich größeren Entwicklungsstudios mit wesentlich höherem Budget auf den Markt gebracht wurden, verstecken.

Ich vergebe für The Lost Crown daher 8.5 Punkte.