Donnerstag, 29. September 2011

Erfahrungsbericht: Undercover: Operation Wintersonne


Das nächste Spiel stammt zur Abwechslung mal vom hinteren Ende das Alphabets: Undercover: Operation Wintersonne. Es handelt sich um ein Point & Click Adventure, das während des Zweiten Weltkrieges spielt.
Entwickelt wurde es von Sproing Interactive Media GmbH, einem in Wien ansässigen Unternehmen, zu dessen bisherigen Veröffentlichungen so illustre Titel wie Moorhuhn Piraten, Catch the Sperm und Mein Gestüt - Ein Leben für die Pferde zählen.
Sproing entwickelt für verschiedenste Plattformen: Wii, Nintendo DS, Playstation, PC, Mac, iPhone, Browser...
Undercover: Operation Wintersonne wurde 2006 veröffentlicht. 2007 folgte ein Prequel mit dem Titel Undercover: Doppeltes Spiel für Nintendo DS.

Die Verpackung von Undercover: Operation Wintersonne besteht aus einem aufklappbaren Karton, der DVD-Hülle und Handbuch beinhaltet. Zugegebenerweise habe ich kaum einen Blick darauf geworfen - bei Point & Click-Adventures ist das eben einfach nicht nötig.
Was auf der Verpackung über das Spiel steht (packende Spionage-Story, umfangreiche Sprachausgabe, komplexe individuelle Animation usw...) kann man durchaus gelten lassen.
Den Satz über die "faszinierende Mischung aus historischen Fakten und realen Schauplätzen" habe ich glatt überlesen, weswegen ich im Nachhinein über einige Aspekte des Spiels doch sehr überrascht war.

Startbildschirm

Die Installation klappte problemlos, das erste Starten auch. Als erstes machte ich mich an den Optionen zu schaffen und spielte mich ein wenig mit den Grafikeinstellungen rum. Etwas unpraktisch, dass die nicht sofort wirksam werden, sondern erst bei einem Neustart des Spieles. Da gab es dann auch das erste Problem: egal was ich änderte, beim nächsten Neustart stürzte das Spiel ab, um beim darauffolgenden Neustart wieder in der ursprünglichen Minimalkonfiguration zu laufen.
Mag zwar sein, dass meine Grafikkarte nicht gerade optimal ist für das Spiel - wenn's denn überhaupt daran lag-, aber eine anständige Fehlermeldung wäre mir lieber gewesen, als ein Crash.

Der angepriesene Sepia-Filter funktionierte leider auch nicht - entweder es änderte sich gar nichts, oder die Bodentextur verschwand - so war das wohl nicht geplant.


Ich ließ für den Rest des Spiels also die Finger von den Einstellungen und wandte mich der Handlung zu. Es kam ein kurzes Intro, in dem eine Frau in einem Restaurant geheime Waffenpläne zugespielt kam.
Dann konnte ich das eigentliche Spiel starten und es kam eine weitere Videosequenz: der Physik-Professor John Russell wird darin vom MI6 angeheuert: er soll gemeinsam mit dem Agenten Peter Graham nach Berlin reisen um herauszufinden, wie weit die Deutschen mit der Entwicklung der Waffe schon vorangekommen sind - schließlich hat er das nötige Hintergrundwissen und spricht außerdem Deutsch.

Professor John Russell

Die gesamte Story spielt sich in der zweiten Januarwoche des Jahre 1943 ab und führt von London über Berlin und Haigerloch nach Russland. Zwischendurch stößt noch Agentin Anne Taylor zu den beiden.
Nach Infiltration verschiedener Gebäude in Berlin zwecks Auffindens der Pläne geht es schließlich zur Produktionsstätte der Uranbombe in einem unterirdischen Atombunker und letztendlich nach Stalingrad, wo das Zünden derselben verhindert werden soll.

Unterwegs.

Die Steuerung erfolgt mit den beiden Maustasten und ist im großen und ganzen auch sehr intuitiv. Mittels Tastatur kann man außerdem Gespräche abbrechen und sich Ausgänge und Hotspots anzeigen lassen - letzteres allerdings nur, wenn man in den Optionen den Einsteigermodus aktiviert hat, was ich unterlassen habe (von wegen Finger von den Einstellungen lassen).

Das Speichern ging äußerst schnell, das Laden konnte dafür ein Weilchen dauern.

Wie man es von Adventures gewohnt ist, befindet sich das Inventory in einer Leiste, in diesem Fall unten. Objekte können wie gewohnt verwendet, kombiniert oder auch genauer betrachtet werden.

Beim Rumschnüffeln.

Die Grafik war in Ordnung, hätte ich die Optionen raufdrehen können wäre ich vermutlich mehr beeindruckt gewesen. Die vorgerenderten Hintergrundbilder waren aber auch mit minimalen Grafikeinstellungen zum größten Teil hübsch anzuschauen, nur wenige Stellen wie etwa die extrem zweidimensionalen wirkenden Schaufenster in Berlin bildeten hier eine Ausnahme.
Zu den besuchten Orte zählen Gebäudekomplexe und Straßen in Berlin, das idyllische Haigerloch, der unterirdische Bunker mit diversen Schleusen und Gerätschaften, das zerbombte Stalingrad...

Springbrunnen und Pfarrer von Haigerloch.

Die Figuren sind dreidimensional und natürlich um einiges pixeliger, den Professor fand ich aber trotzdem gelungen. Agent Graham sah allerdings aus, als käme er direkt aus der Hölle und sowohl MI6-Fritze Colonel Trevers als auch Obersturmbanndings von Pressnitz sehen aus, als hätte man ihnen ihr Gesicht aufgebügelt.

Ein namenloser Soldat, Peter Graham, von Pressnitz

Zum Sound... tja, der Sprecher des Professors hörte sich irgendwie ungewohnt an. Vielleicht, weil man es von PC-Spiel-Helden nicht gewohnt ist, dass sie auch mal rumstottern, aber er kam durchaus sympathisch rüber. Stellenweise hat man allerdings stark gemerkt, dass das Gesagte mit den Lippenbewegungen nicht nur nicht synchron ist, sondern dass beide nichtmal gleich lang dauern.
An die Hintergrundmusik kann ich mich ehrlich gesagt kaum erinnern - außer dass sie mir hauptsächlich dann auffiel, wenn sie vermitteln sollte, dass es gerade brenzlig wird.

Bruchlandung in Stalingrad.

Die Spielatmosphäre hätte durchaus spannender sein können, wenn man bedenkt, dass der arme Professor bei Nacht und Nebel, an Wachen vorbei, in diverse Nazi-Gebäude einbricht. Es bestand selten Gefahr, tatsächlich erwischt zu werden.

Von den Charakteren haben nur der Professor und Agentin Anne Taylor nennenswerte Tiefe, alle übrigen spielen eine zu kleine Rolle oder sind so flach wie man es erwartet.
Dafür unterscheidet sich der Professor umso mehr von den sonst üblichen PC-Spiel-Helden. Er ist unsicher, faselt manchmal rum und rückt ständig nervös seine Brille zurecht. Anne ist nicht ganz so ausgereift und es nervt ein wenig, dass sie immer mit durchgedrückten Kreuz dasteht wie Paris Hilton vor 'ner Horde Fotografen. Ein bisschen weniger Laufsteggehabe hätte ihr nicht geschadet.

Anne, Graham, Russell.

Leider machte ich schon relativ früh Bekanntschaft mit dem ersten Crash, der aus heiterem Himmel kam. Es folgten noch viele weitere, manche einfach so, manche reproduzierbar. So vertrug das Spiel es gar nicht, wenn ich das Intro abbrach - das hatte nämlich zur Folge, dass der Versuch, einen Speicherstand zu laden, in einem Crash endete. Auch wenn ich zu oft Gespräche abbrach, endete das mit einer hohen Wahrscheinlichkeit mit einem Absturz - was dazu führte, dass ich mir immer wieder ellenlangen Dialoge mehrmals anhören musste.

Zwar gibt es einen Patch, der ein paar Kleinigkeiten im Spiel korrigierte, aber auf mein Crash-Problem keinerlei Auswirkungen zeigte.

Diese Schwierigkeiten waren einer der Gründe, wieso ich die Monologe des Professors als etwas zu lang empfand. Ein Mann der Wissenschaft sollte durchaus in der Lage sein, sich kürzer und treffender auszudrücken.
Allerdings habe ich eine Menge neue lateinische Sprichwörter gelernt - Abyssus abyssum invocat! Audiatur et altera pars! Faber est quisque fortunae suae!
Da sag nochmal einer, Computerspiele wären Zeitverschwendung.

Das Heereswaffenamt in Berlin.

Bei den Dialogen hat man keine die Möglichkeit, Entscheidungen zu treffen, man kann lediglich die Reihenfolge der Fragen bestimmen.
Auch hätten die Dialoge und Zwischensequenzen meiner Meinung nach durchaus ein wenig kürzer sein können, ich will lieber was tun als nur zusehen, sonst säße ich ja vor dem Fernseher und nicht vor dem Computer.

Interessant waren dafür die Rätsel. Einiges war altbekannt, zB einen zerrissenen Zettel zusammensetzen, andere waren dafür richtig spannend. Die meisten waren auch fair, obwohl stellenweise ein nerviges Pixelsuchen dabei war.

Nur ein falscher Draht durchgezwickt und schon kracht es.

Vor allem das letzte Rätsel mit dem Bombenentschärfen fand ich gut gemacht.

Die Storyline war in Ordnung, hätte aber gerne etwas ausdetaillierter sein können. Im Endeffekt ist ja nicht wirklich viel passiert. Und das Ende war mir auch nicht ganz klar - vielleicht hätte ich dazu Russisch können müssen. Insgesamt war das Spiel auch verdammt kurz - ohne das permanente Sequenzen wiederholen, Dialoge anhören und Neustarten bleiben nur wenige Stunden Nettospielzeit übrig.

Leider hat das ständige Crashen den Spielfluss doch erheblich gestört - wenn ich mitgefiebert habe, hab ich natürlich nicht daran gedacht, alle paar Minuten zu speichern. Und immer wieder Sequenzen wiederholen zu müssen und dabei die Dialoge auch nicht abbrechen zu können, weil es sonst erst recht wieder crasht, verdirbt nach einer Weile auch den Spass.


Stellenweise war es geradezu frustrierend, weiterzuspielen. Aber nicht zuletzt aufgrund des sympathischen Protagonisten zähle ich dieses Spiel doch zu den besseren Adventures. Schön, mal einen Helden zu sehen, der Hirn hat, dennoch ein wenig unsicher wirkt und der es nicht ganz cool nimmt, wenn wo ein paar Leichen rumliegen.

Eine tickende Uranbombe.

Und ich muss zugeben, dass ich sehr überrascht war, als ich herausfand, dass es nicht nur den Ort Haigerloch wirklich gibt, sondern dass das ganze Setting im Spiel so sehr der Realität entspricht: Kirche, Springbrunnen, Fachwerkhäuser und ein Schwanenwirt, dessen Bierkeller zu einem Atomforschungslabor umgebaut wurde (man kann es sogar besichtigen).

Meine Bewertung für Undercover: Operation Wintersonne: 6.0 Punkte.

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen