Freitag, 13. April 2012

Review: Harry Potter und der Orden des Phönix



Bei Harry Potter und der Orden des Phönix handelt es sich um den 5. Teil der Serie. Nach Goblet of Fire habe ich mir einen besseren Nachfolger erwartet, bedingt vor allem dadurch, dass es wohl kaum möglich ist, ein noch schlechteres Spiel als Teil 4 zu entwickeln.
Daher hatte ich zwar gewisse Erwartungen an das Spiel, diese waren aber nicht zu hoch - schließlich wurde das Spiel, wie auch Teil 4, von Electronic Arts entwickelt, und wie die Erfahrung gezeigt hat, gehört Spieleentwicklung nicht gerade zu deren Stärken.

Das Spiel ist wohl am ehesten dem Action-Genre zuzuordnen, mit diversen Adventure-Elementen. Veröffentlicht wurde es im Jahr 2007.

Vom Cover der DVD-Hülle prangt Harry Himself, mit einigen Mitgliedern von Dumbledore's Army im Hintergrund. Auf der Rückseite gibt's nur 2 Screenshots und wenig Text, der jedoch nichts verspricht, was im Spiel nicht gehalten wird - das dafür gleich dreisprachig. Selbiges gilt auch für das Handbuch: französisch, spanisch und deutsch. Es ist nicht sehr ausführlich, aber das nötigste steht drin. Darüber hinaus gehört auch noch eine auseinanderfaltbare Karte dazu, auf deren Rückseite sich ein Poster von Dumbledore's Army (zumindest 'nem Teil davon) befindet.

Die Installation klappte problemlos, dauerte allerdings eine Ewigkeit. Nun ja, Hogwarts ist groß und es gab eine Menge Zwischensequenzen, da muss man wohl mit sowas rechnen. Ein wenig seltsam fand ich, dass das Spiel mit einer Auflösung von 512x384 Pixeln startete - zum Glück ließ sich das hochschrauben. Neben Auflösung und Detailstufe ließen sich auch Untertitel, Schwierigkeitsgrad (leicht, mittel, schwer), automatisches Speichern und die Tastaturbelegung einstellen. Neben Tastatur A und Tastatur B gab es auch noch ein Gamepad zu erkennen - theoretisch zumindest. Laut Internetrecherche gibt es nur eine handvoll Gamepads, mit denen das Spiel will - meines gehörte leider nicht dazu.

Nach dem Anpassen der Grafik startete das Spiel dann auch problemlos, etwas nervig ist jedoch, dass nach dem Laden eines Speicherstandes erst noch ein nicht-abbrechbares Intro mit dem Warner Bros. Logo zu sehen ist - wozu das denn bitte? Um mich darauf zu prägen, dass ich bei jedem Anblick dieses Logos wütend werde, weil ich sinnlos warten musste? Wenn ja, dann hat's geklappt.

Das Spiel selbst ist stark an den Film angelehnt, nicht an das Buch, und es wurde natürlich wieder kräftig gekürzt, um die Storyline unterzubringen. Einige Handlungsstränge wurden auch ein wenig verfälscht, und wie auch in Teil 4 gilt: wenn man Buch und Film nicht kennt, macht das ganze keinen Sinn. Allerdings gehe ich davon aus, dass die Gruppe der Käufer und Käuferinnen, die sich das Spiel auf gut Glück und ohne jedes Hintergrundwissen gekauft haben, eher gering ist.

Harry im 5. Schuljahr

Das Intro zum Spiel startet in Little Whinging, wo Harry und Dudley von Dementoren attackiert werden. Harry wird dann nach Grimmaulds Place gebracht, wo man die ersten Sprüche üben darf. Dann geht es auch schon nach Hogwarts, wo Harry den Umgang mit der Marauder's Map lernt und auf Moaning Myrtle trifft, die ihm vom Raum der Belohnungen erzählt - wenn Harry etwas entdeckt, erscheinen dort "geheime Dinge".
Bis zu diesem Zeitpunkt sind, diverse Zwischensequenzen und Tutorials inklusive, rund 15-20 Minuten vergangen, nun startet das eigentliche Spiel. Im weiteren Verlauf bekommt Harry nun diverse Aufgaben: Personen oder Bücher finden, Hausaufgaben machen, Okklumentikstunden bei Snape nehmen, für seine O.W.L.s üben, die Mitglieder für das DA-Treffen suchen oder ihnen bei diversen Problemen helfen und Umbridge wo immer es geht sabotieren.

Ron, Hermione und Harry: das Dreamteam von Hogwarts.

Trotz der Möglichkeit, mehrere Eingabegeräte anzusprechen, ist es in diesem Spiel übrigens nicht möglich, Ron und Hermione zu steuern - allerdings laufen sie einem die ganze Zeit nach und erinnern Harry ständig daran, was er gerade zu tun hat - "Wir sollten zu Hagrid gehen!" - "Müsstest du jetzt nicht in Snapes Büro sein?" - "Wir müssen Neville suchen!" - und das, während man ohnehin gerade auf dem Weg dorthin ist! Besonders nervig ist das ganze vor allem am Anfang, wenn man sich lieber erstmal ein wenig umsehen will. Und zu sehen gibt es in Hogwarts eine Menge: man kann sich auf dem ganzen Gelände frei bewegen, es gibt kaputte Vasen zu reparieren, Wandteppiche zur Seite zu schlagen, Bilder aufzuhängen, Fackeln anzuzünden... all das bringt Entdeckerpunkte.

Harry kann außerdem Koboldstein, Schach und Knallpoker spielen oder Slytherins zum Duell herausfordern, wobei er allerdings auch unterliegen kann. An einigen Stellen muss er sich auch mit Malfoy und Konsorten duellieren, dabei kann er dann auch im Krankenflügel landen.

Aus dem Alltag eines Hogwarts-Schülers.

Die eigentliche Storyline - die Visionen, die Reise mit den Thestralen, der Kampf im Ministerium - wird größtenteils durch Zwischensequenzen erzählt, man kann hier nur wenig selbst machen. Würde aber auch nicht viel bringen, nachdem ja feststeht, wie das ganze abläuft und ausgeht.
Im Ministerium darf man dann auch kurz als Sirius gegen Bellatrix und Lucius und danach als Dumbelore gegen Voldemort kämpfen. Ob es dabei möglich ist, durch falsches Kämpfen vorzeitig zu sterben, weiß ich nicht, jedenfalls ist es mir nicht passiert.

Dumbledore vs. Voldemort

Die eigentliche Handlung des Spiels ist schnell vorbei, je nachdem wie viel man vorher in Hogwarts entdeckt hat, kann es sein, dass der Spielfortschritt dabei nur bei 65-80% liegt. Alles, was danach noch passiert, hat mit der Geschichte nichts mehr zu tun, es kann aber weitergespielt und alles erforscht werden.

Harry Potter und der Orden des Phönix ist schwer zu bewerten. Einerseits hat sich EA stark angestrengt, wieder alles falsch zu machen:
  • Man ist wieder mal mit einer fürchterlichen Steuerung konfrontiert, die ein Bedienen mit der Tastatur fast unmöglich macht, und nur ein paar Gamepads werden vom Spiel unterstützt.
  • Ständig ändert sich die Kameraperspektive, sodass Harry plötzlich in die falsche Richtung läuft. Zwar gibt es in diesem Spiel eine "Entdeckeransicht", bei der man via Tastendruck die Kamera hinter Harry zentrieren kann, aber erstens funktioniert das nicht immer und zweitens ändert sich die Ansicht ja wieder, sobald sich Harry bewegt.
  • Die Handlung wurde bis zur Unkenntlichkeit gekürzt und so verändert, dass man kaum nachvollziehen kann, was eigentlich passiert.
  • Ron und Hermione nerven mit ihrem ständigen Gelaber, auch die anderen Figuren sagen immer nur das gleiche - besonders lästig ist das bei den Porträts, mit denen man bei jeder Benutzung des Geheimgangs kommunizieren muss.
  • Es gibt zwar die Möglichkeit, jederzeit zu speichern, aber damit speichert man nicht den tatsächlichen, aktuellen Spielstand, sondern nach der letzten gelösten Aufgabe oder Entdeckung. Wenn man also speichert, nachdem man fünf Aufgaben halb gelöst hat, ist dieser Fortschritt futsch - und nirgendwo im Handbuch wird darauf hingewiesen!
  • Ständig versperrt irgendwer den Weg: Treppen, schmale Gänge, Türen... andauernd muss man wen aus dem Weg schubsen, weil es sich staut.
  • Nach jedem Laden das nervige Intro mit dem Warner Bros. Logo!!!
  • Die "Dinge" im Raum der Belohnungen sind kurze Filmclips mit Interviews der Mitwirkenden, Szenen aus dem Spiel oder Bildern aus dem Film. Mal ehrlich, macht es Sinn, dass ich gleich zu Beginn des Spiels einen Clip sehe, der mir einen späteren Teil des Spiels spoilert? Hat hier denn gar keiner mitgedacht?
Die Figuren selbst sind noch stärker an ihre Filmvorbilder angelegt als es bei Teil 3 und 4 der Fall war - vielleicht ein bißchen zu stark, von wegen uncanny valley und so. Der Knuffigkeitsfaktor der Teile eins und zwei, in denen man munter bunte Bohnen gesammelt hat, ist vorbei: das Spiel ist erwachsener, aber nicht so düster wie Teil 4. Ein weiterer Pluspunkt, zumindest meiner Meinung nach: kein Quidditch! Die anderen Spiele, die man spielen kann, wie etwa Koboldstein, fand ich ganz interessant, wenn auch nicht abendfüllend. Nichtsdestotrotz eine nette Abwechslung, und durchaus passend im Setting eines Schulhofs.

Hogwarts & Grounds.

Einige Dinge sind allerdings auch besser geworden. Interessant ist zum Beispiel das Zaubern: es wird nicht mehr einfach nur wild mit der Maus rumgeklickt, sondern es müssen bestimmte Bewegungen ausgeführt werden. Die Maus wird weggeschoben oder hergezogen, nach oben und unten oder links und rechts bewegt, mit oder gegen den Uhrzeigersinn gedreht - je nachdem ob man dabei die linke oder rechte Maustaste gedrückt hält, handelt es sich um einen Alltags- oder einen Kampfzauber. Obwohl das Zaubern bei gleichzeitiger Unmöglichkeit der Steuerung der Kameraansicht teilweise ziemlich nervig ist, hat dieses System einen gewissen Reiz.

Das beste am Spiel ist aber, dass man Hogwarts frei erkunden kann. Die ganze Anlage ist viel größer als das in den Vorgängerspielen der Fall war. Es gibt alleine vier Innenhöfe, den Turm der DADA mit Umbridges Büro, den Glockenturm, Gryffindor Tower mit dem Gemeinschaftsraum und den Schlafsälen, den Turm von Trelawny (bei der man leider nicht durch die Tür kann), die Eulerei, eine Steinbrücke, Viadukt, Hängebrücke und überdachte Brücke, das Badezimmer der Vertrauensschüler und Myrtles Mädchenklo, die Dungeons mit dem Klassenraum für Zaubertränke, die Bücherei (inklusive verbotener Abteilung), das Gewächshaus, Klassenräume für Verwandlung und Zauberkunst, den Raum der Wünsche, den Krankenflügel, das Bootshaus, Hagrids Hütte, die Eingangshalle und den Speisesaal, die große Treppe und natürlich massenhaft Gänge und Wege sowie Abkürzungen durch Portraits, die all das verbinden. Die Anlage ist so groß und verwirrend, dass man ohne die Karte wirklich aufgeschmissen wäre. Wobei die Karte allein ohnehin nicht ausreichend wäre, aber man kann darauf markieren, wo man hinmöchte, woraufhin Fußstapfen erscheinen, denen man bis zum Ziel folgen kann.

Die große Treppe - wer hat hier noch den Durchblick?

Überall in Hogwarts kann man Dinge entdecken: Holztafeln hinter Mauersteinen freilegen, geheime Symbole aktivieren, Passwörter für Portraitabkürzungen herausfinden, an Wänden rauf- und runterklettern, die Decke im Speisesaal verzaubern, die Beflaggung ändern, Kamine anzünden, Objekte verzaubern,... Stupides Rumballern wie in Teil 4 gibt es hier nicht, sogar die Kämpfe machen diesmal Spaß. Wenn einem ein Slytherin mal wieder frech kommt, kann man ihn mit levicorpus ein wenig rumbaumeln lassen, aber wenn man in Gegenwart eines Lehrers Ärger macht, wird man geschimpft oder bekommt Punkte abgezogen. Auch die Zauberprüfungen sind nett gemacht: Tränke brauen bei Snape, Alraunen umtopfen bei Sprout und auf Zuruf Objekte verzaubern bei Flitwick.

Snape gibt mir widerstrebend ein "ohnegleichen".

Die Atmosphäre im Spiel ist ebenfalls die meiste Zeit über gut getroffen. Überall laufen Schülerinnen und Schüler rum, unterhalten sich im Gang, spielen Koboldstein oder lesen in Büchern... Die Hintergrundkulisse - die Gespräche, Vogelgezwitscher, Geräusche des Bibliothek oder des Schulhofes - wirkt teilweise sehr realistisch, leider sind die Dialoge immer die gleichen. Aber wenn Harry mit Anhang die Treppen runterläuft und ihm andere Gryffindors immer wieder ein "Hallo Harry!" oder "Wie geht's?" zurufen, kommt das schon gut rüber.

Der Gryffindor-Gemeinschaftsraum, von oben.

Grundsätzlich ist der Sound im Spiel aber sehr gut gelungen. Die Musik stammt zum Teil aus dem Film, unter anderem kommt Hedwig's Theme vor, was natürlich auch einiges vom Zauber ausmacht. Leider hat Hermione eine ziemliche Quietschekreischstimme abbekommen, die noch dazu ständig rummotzt ("Wir sollten die Zeit lieber nützen, um zu Lernen.", "Wir könnten ein wenig B.E.L.F.E.R.-Aufklärungsarbeit betreiben."). Leider sind die Lippenbewegungen auch gar nicht synchron mit den Texten.

Die Grafik war großartig, außer vielleicht die Gesichter der Protagonisten, die teilweise ein bißchen zu realistisch und spooky rüberkamen. Aber Hogwarts selbst, der Raum mit der großen Treppe, die Lichteffekte an den großen Fenstern - das war alles wow! Da kann ich auch drüber hinwegsehen, dass die Bäume nur zweidimensional begrünt waren.


Impressionen

Der Spielfluss wurde, wie schon erwähnt, durch die Belohnungen unterbrochen - mitten im Spiel Interviews einzufügen war eine schwachsinnige Entscheidung, das hätte man im Anschluss machen können, außerhalb des Spiels oder über das Menü, aber doch nicht, wenn Harry irgend ein Glasding mit grünem Licht untersucht.

Die Zwischensequenzen waren graphisch ebenfalls in Ordnung, allerdings waren sie stellenweise schon sehr gehäuft, vor allem zu Beginn und dann im Ministerium.

Über Bugs bin ich diesmal nicht gestolpert. Zwei- oder dreimal ist das Spiel gecrasht, als mein Antivirenprogramm aufgepoppt ist, aber da gebe ich nicht dem Spiel die schuld. Insgesamt ist es durchaus stabil gelaufen.

Zusammenfassend lässt sich sagen: das ganze Erforschen von Hogwarts machte wirklich Spaß - viel mehr als die eigentliche Spielhandlung, die ohnehin auf ein Minimum zusammengekürzt wurde. Genau dadurch ergibt sich aber ein sehr "unrunder" Gesamteindruck: man bekommt gar nicht mit, wann die Storyline vorbei ist, es kommen keine Credits, die einem zeigen: jetzt ist es aus. Man hat, je nachdem wieviel man schon erforscht hat, vielleicht erst um die 70% Spielfortschritt - man hört im Prinzip erst dann auf, wenn man nicht mehr will oder alles auf 100% hat. Teil 5 ist daher auch das erste Spiel aus der Reihe, das mich länger als zwei Tage beschäftigt hat: ich musste alles entdecken.

Wie auch Der verborgene Kontinent gehört Harry Potter und der Orden des Phönix zu jenen Spielen, bei denen das Gesamtergebnis letztendlich größer ist, als die Summe der Einzelteile. Denn mit der schrecklichen Steuerung und Kameraführung, der quasi nichtvorhandenen Storyline, den wegversperrenden Figuren, den permanenten Unterbrechungen des Spielflusses und den immergleichen Dialogfetzen könnte ich dem Spiel kaum mehr als 5 Punkte geben.

Aber da ist dieses großartige Hogwarts, da sind Snape, Sprout, McGonagall und Flitwick, da sind die große Treppe und der Gryffindor-Gemeinschaftsraum, da sind Türme und Gänge und jede Menge Objekte zum Verzauben - das macht eine Menge wett! Ich musste sehr mit mir hadern, ob es nicht doch mehr oder weniger sein sollte, aber letztendlich muss ich mich ja festlegen: 7.5 Punkte für Harry Potter und der Orden des Phönix.

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