Es war nicht geplant, aber irgendwie bin ich schon wieder bei einem Adventure gelandet.
Der verborgene Kontinent, im Original Journey to the Center of the Earth, ist ein klassisches Point & Click Adventure aus dem Jahr 2003.
Dabei handelt es sich um das zweites Werk des Frogwares Game Development Studios, einem französischen Unternehmen, dass in der Ukraine und Irland angesiedelt ist. Frogwares hat sich auf Adventures spezialisiert und bisher unter anderem sieben Sherlock Holmes-Abenteuer vorzuweisen.
Das Spiel ist nicht zu verwechseln mit (und auch kein Vorgänger von) Der verborgene Kontinent - Die Säule der Maya, auch wenn die Cover der beiden Spiele sich ähneln wie ein Ei dem anderen.
Worum geht es? Ariane, eine Journalistin fällt durch eine Felsspalte in eine von Jules Verne inspirierte unterirdische Welt und muss auf der Suche nach einem Weg zurück nach oben eine Reihe von Abenteuern bestehen und nebenbei eine Verschwörung aufdecken.
Ariane, Bildreporterin des Magazins Horizonte
Wie bei vielen Adventures üblich, wurden die Hintergrundbilder vorgerendert, während die Personen 3D-Modelle sind.
Ariane sieht für den damaligen Stand der Technik ganz passabel aus, hat aber ungewöhnlich tote Augen.
Erstaunlich, was zwei kleine weiße Farbkleckse bewirken können
Gesteuert wird mit der Maus, am unteren Rand befindet sich eine aufklappbare Leiste, in der die eingesammelten Inventargegenstände sichtbar sind.
Außerdem hat Ariane einen Laptop dabei, mit dem sie Emails sendet und empfängt, in dem Fotos gespeichert werden und der auch über ein Lexikon verfügt - das heißt, dass zu bestimmten Personen oder Gegebenheiten Informationen auftauchen, die man nachlesen kann.
Wenn sie sich mit Personen unterhält, passiert das, indem man Stichwörter aus einer vorgegebenen Liste anklickt.
Erste Schritte in der fremden Welt
Ariane, die auf der Suche nach neuen Fotos ist, landet zu Beginn des Spiels mit dem Hubschrauber auf einem Plateau des Vulkans Sneffel. Plötzlicher Steinschlag zerstört jedoch den Hubschrauber.
Nachdem sie in einer dunklen Felsspalte in die Tiefe stürzt, findet sie sich schließlich an einem Strand wieder, wo ihr ein seltsamer Mann erklärt, dass sie sich hier unter der Erde befindet.
Sie macht sich auf dem Weg nach Askiam, der einzigen Stadt, die es dort unten gibt. Dort angekommen erfährt sie jedoch, dass seit ihrem Absturz offenbar zwei Jahre vergangen sind und dass an der Oberwelt ein Krieg tobt.
Der Eingang zu Askiam
Ariane wird zurecht bald misstrauisch und stellt fest, dass eine Verschwörung im Gange ist, die für diese unterirdische Welt eine Gefahr darstellt.
Wie es sich für eine Adventureheldin gehört, erforscht sie erstmal ihre neue Umgebung, die einiges zu bieten hat. Hierzu gehören außer Askiam auch ein Wald aus riesigen Pilzen, eine Savanne mit Dinosauriern, ein Dorf mit Riesen, ein schwebender Garten und eine Diamantmine.
Impressionen
Die Aufgaben, die Ariane zu meistern hat, sind typisch für ein Adventure: sie muss Personen helfen um dafür ein bestimmtes Objekt zu bekommen, hier und da einen Gegenstand benutzen, Geräte reparieren oder neu einstellen, zwischendurch auch mal Dinge kombinieren oder Rätsel lösen, um Schlösser und Türen zu öffnen.
Die Rätsel sind dabei teilweise ziemlich altbacken: Symbole in die richtige Reihenfolge bringen, Wiegerätsel, Tangram, Türme von Hanoi, Zahlenrätsel und ein furchtbar nerviges Musikrätsel.
Die Storyline von Der verborgene Kontinent ist ziemlich linear, allerdings gibt es zwei mögliche Enden. Man kann nach etwa 3/4 des Spiels das erste, einfache Ende wählen oder weitermachen um die Verschwörung aufzudecken, die unterirdische Welt zu retten und das zweite Ende zu erreichen.
Die Grafik ist zwar nicht unbedingt das beste, das man aus dem Abenteuer-Genre kennt, aber die dargestellte Welt ist sehr stimmig und phantasievoll gezeichnet. Leider wirkt sie stellenweise etwas zu statisch und tot. Vor allem trifft dies auf die Dschungelwege und Pilzlandschaften zu, in denen sich kein Hälmchen bewegt - da hat man den Eindruck, dass die Protagonistin an einer Fototapete vorbeimarschiert.
Hin und wieder steht Ariane auch in oder auf Objekten, anstatt davor.
Aufgelockert wird die Geschichte von rund zwanzig kurzen Zwischensequenzen. Diese sind wirklich sehr gut gelungen und eine wahre Freude für das Auge.
Die Musik war perfekt und hat Bestnoten verdient. Auch sonst war der Sound nicht schlecht und die Sprecher waren durchwegs professionell.
Die Umsetzung der Dialoge fand ich jedoch nicht so toll. Ariane hatte in ihrer Dialogbox eine Stichwortliste, die sie abarbeiten konnte - die einzelnen Antworten waren aber untereinander eher unzusammenhängend. Aus der Summe der einzelnen Fragen und Antworten ergab sich kein stimmiger Dialog, sondern eine Ansammlung einzelner, voneinander unabhängiger Fragen mit dazugehörigen Antworten.
Ein Manko im Spiel war leider die Steuerung. Um Ariane zu bewegen, mit jemanden zu reden oder um einen Gegenstand zu nehmen, klickt man mit der Maus an die gewünschte Stelle. Manchmal ändert sich dabei der Mauszeiger: Fußspuren, wenn es dort einen Ausgang gibt, eine Hand, wenn sie etwas nehmen oder tun kann oder ein Kopf, wenn sie mit jemanden sprechen kann. Manchmal ändert sich der Mauszeiger aber auch nicht, trotzdem kann sie aber wohin gehen, etwas nehmen oder mit jemandem sprechen.
Nach welchen Kriterien der wechselnde Mauszeiger in das Spiel eingebaut wurde, ist mir nicht ganz klar.
Reibungslose Fortbewegung in den Zwischensequenzen
Besonders problematisch ist Arianes Fortbewegung, denn oft ist nicht klar, wo man eigentlich hinklicken muss, um in den nächsten Raum zu kommen - links, rechts, hinten Mitte oder doch vorne?
Die Stelle, die den nächsten Ausgang aktiviert, ist oft nicht besonders groß und muss erstmal gesucht werden - Stichwort Pixelhunting.
Das ist umso störender, als sie manche Strecken drei- oder viermal langlaufen muss, da nicht alle Objekte, die sie im Lauf des Spiels benötigt, auch gleich mitgenommen werden können.
Grundsätzlich finde ich es ja ganz gut, dass sie nicht von vorneherein alles einsteckt, was nicht niet- und nagelfest ist, nur auf den vagen Verdacht hin, dass sie es früher oder später mal brauchen könnte - das mag zwar Adventure-Standard sein, aber es ist nicht besonders logisch.
Im Fall von Der verborgene Kontinent hätte ich aber gerne auf die Logik verzichtet, denn die widerspenstige, inkonsistente Steuerung in Kombination mit einer in Zeitlupe joggenden Protagonistin hat sich als wahre Qual erwiesen.
Auch das Agieren mit Objekten lief alles andere als geschmiert. Manchmal bewirkte mein Klicken gar nichts, ich musste es mehrmals versuchen, sie an eine andere Stelle bewegen oder den Raum neu betreten, bis es doch endlich mal klappte.
Gelegentlich begann sie auch, sich wie irre im Kreis zu drehen, bis ich sie schließlich in eine Position bugsierte konnte, in der ich sie wieder normal steuern konnte.
Zweimal passierte es mir, dass sie überhaupt komplett hängenblieb und ich sie nicht mehr von der Stelle bewegen konnte - da half nur mehr neu laden.
Ariane rotiert
Als besonders fatal erwies sich das Musikrätsel - dieses ist mit Abstand das furchtbarste Rätsel das mir je in einem Adventure untergekommen ist.
Mehrere Holzpfähle stehen entlang eines großen Kreises, auf 8 oder 9 Räume verteilt. Wenn man diese in bestimmten Kombinationen (die man erst rausfinden muss) mit Blättern abdeckt, machen sie Töne - wenn man die Töne in der richtigen Reihenfolge (die man erst rausfinden muss) abspielt, gilt das Rätsel als gelöst. Wenn man einen Fehler macht, beginnt alles von vorne.
Aufgrund meiner tiefsitzenden Abneigung gegen Musikrätsel habe ich mir gleich ein Walkthrough gesucht - trotzdem war es eine enorme Lauferei und trotzdem ich hab nicht verstanden, wie man eigentlich auf die Lösung kommt.
Offenbar ist auch dem Entwicklerteam klar geworden, dass dieses Rätsel auf regulärem Weg kaum lösbar ist, sodass es in späteren Versionen des Spiels entfernt wurde.
Der Albtraum aller Rätsel
Aber auch andere Rätsel waren mitunter nervig. So bestand das "Türme von Hanoi"-Rätsel aus 7 Scheiben - der kürzeste Lösungsweg betrug somit 127 Züge. Das hätte nun wirklich nicht sein müssen.
Das Hantieren mit den Objekten aus dem Inventar war auch nicht immer einfach.
Da Ariane neu erhaltene Objekte nicht kommentierte, konnte es sein, dass plötzlich etwas da war, man aber keine Ahnung hatte, woher es eigentlich stammte. Außerdem konnte man eingesammelte Objekte nicht näher untersuchen, sodass man oft nur erahnen konnte, was das Ding war. Manchmal waren die Namen der Objekte nichtssagend oder überhaupt falsch, was eine sinnvolle Andwendung natürlich erschwerte.
Ein wenig enttäuscht war ich auch von Arianes Laptop. Sie konnte ihn nicht wirklich aktiv verwenden, es wurden nur von Zeit zu Zeit bestimmte Aktionen getriggert - hier hätte ich mir ein bißchen mehr Freiheit gewünscht.
Arianes Laptop
Positiv hervorheben muss ich die Speicher- und Ladezeiten, die gab es nämlich nicht. Noch nie habe ich ein Spiel gespielt, bei dem das so fix ging, ich bin begeistert! Das ist ab jetzt der Standard, an dem sich alle zukünftigen Ladezeiten messen müssen.
Sich in den Charakter der Heldin hineinzuversetzen war stellenweise möglich - wenn sie nicht gerade um ihre Längsachse rotierte oder man sie verfluchte, weil sie 30 Räume zurücklaufen musste, um einen Gegenstand zu holen.
Die Atmosphäre im Spiel war - nicht zuletzt aufgrund der großartigen Zwischensequenzen - auch ganz gut gelungen. Und genau deswegen hätte es ruhig ein bisschen mehr von allem sein können: mehr Leben, mehr Dinosaurier, mehr steam-punkige Maschinen, mehr (gute) Rätsel, mehr farbenprächtige, faszinierende Landschaften.
Denn wenn man die ganze Lauferei und die zeitintensiven Rätsel wegrechnet, bleibt gar nicht mehr so viel vom eigentlichen Spiel übrig, was wirklich schade ist.
Von diesen nervigen Punkten und der schrecklichen Steuerung abgesehen fand ich das Abenteuer spannend und es machte Spaß, diese Welt zu erforschen.
Zusammenfassend erhält dieses Spiel von mir daher, trotz seiner Mängel, unterm Strich mehr Punkte als die Summe der Einzelteile eigentlich ausmacht.
Ob es die 6 Euro, die es derzeit bei Amazon kostet, trotz seines Alters noch wert ist, hängt davon ab, wie sehr man auf Adventures steht - aber notfalls gibt es ja noch Ebay.
Dank großartiger Zwischensequenzen, stimmiger Musik und faszinierender Spielwelt und trotz nerviger Steuerung und Marathonstrecken gibt es daher 6 von 10 Punkten - ich wünschte sehr, bei diesem kleinen Juwelchen wäre mehr drin gewesen.