Mittwoch, 7. Juli 2010

Review: Tycoon City: New York



Bei Tycoon City: New York handelt es sich um ein Simulationsspiel, in welchem man die Stadt New York, genauergesagt: den Stadtteil Manhattan, nachbaut.

Das Spiel wurde von DR Studios entwickelt und 2006 veröffentlicht. Der Webseite nach zu schließen hat das Unternehmen schon mehrere Spiele dieser Art kreiert (Hospital Tycoon, SeaWorld: Adventure Parks Tycoon).

Simulationsspiele gehören nicht gerade zu meinem Lieblingsgenre, daher ist es eher dem Zufall zu verdanken, dass ich dieses Spiel mein eigen nenne: es ist eines von 5 Spielen in einem Atari Game Pack.

Auf der Herstellerseite wird das Spiel als "mass-market, rags-to-riches social simulation" beschrieben.


Gleich zu Spielbeginn stehen 2 Optionen offen: Build New York Modus und Sandbox Modus.
Im Build New York Modus werden im Verlauf des Spiels durch das erfolgreiche Meistern verschiedener Chancen der Reihe nach unterschiedliche Distrikte von Manhattan freigeschalten, während man im Sandbox Modus von Anfang an die Kontrolle über das gesamte Spielgebiet hat.


Die im Spiel auftauchenden Chancen sehen in etwa so aus: man sieht eine kurze Cut Scene, in der ein paar Leute darüber sprechen, wie dringend sie einen Bagle Shop, Second-Hand-Läden oder Musikclubs brauchen - um die Chance zu meistern, muss man diese Wünsche und diverse darüberhinausgehende Kriterien erfüllen.


Diese Kriterien sehen zB so aus:
  • erhöhe die Bewertung eines Gebäudes in einem bestimmten Distrikt auf 70%
  • verdiene soundsoviel $ mit einer bestimmten Ladenkette
  • finde eine Person, die von Beruf Börsenmakler ist
  • locke 500 Kunden zum Besuch einer bestimmten Ladenkette an
  • baue ein Headquarter (erfordert eine bestimmte Anzahl von Läden einer Kette)
  • baue Gebäude entlang einer bestimmten Route, auf der eine Parade abgehalten wird
  • baue Wahrzeichen (dies kostet Wahrzeichen-Anleihen, welche man durch das erfolgreiche Meistern von Chancen erhält)
Der eigentliche Spielverlauf gestaltet sich folgendermaßen: man baut den geforderten Gebäudetyp, verbessert (upgradet) diesen, indem man Blumenkästen oder Fahnen an die Fenster hängt, Werbeschilder auf dem Dach befestigt, Bänke vor dem Gebäude platziert, Neonlichter anbringt, Schnäppchenkisten aufstellt oder Maskottchen vor dem Eingang rumtanzen lässt.
Diese Maßnahmen werden mehr Kunden anlocken, welche den Laden glücklich wieder verlassen, woraufhin die Bewertung des Gebäudes wie auch sein finanzieller Wert steigen - was wiederum mehr Geld einbringt.


Sobald man das letzte Wahrzeichen gebaut hat und der nächste Jahreswechsel erfolgt, startet am Times Square ein großes Feuerwerk und das Spiel ist zu Ende.
Wenn man daraufhin arbeitet, schnellstmöglich die vom Spiel geforderten Kriterien zu erfüllen um die verschiedenen Distrikte freizuschalten, wird dies schon nach wenigen Stunden der Fall sein.
Etwas länger dauert es, wenn man die einzelnen Gebäude nicht nur baut, sondern auch upgradet.

Hört sich gar nicht so langweilig an? Wird es aber leider nach einiger Zeit, da das Spiel schlicht und einfach keine Herausforderung darstellt.

Erstens hat man keine Gegner, zumindest keine ernstzunehmenden - meist bemerkt man gar nicht, dass überhaupt Computergegner da sind. Zwar gibt es mal vereinzelt Gebäude, die einem Konkurrenten gehören, aber das spielt keine Rolle, da man sie ohne weiters kaufen kann. Der Preis ist im Prinzip auch egal, da man im Verlauf des Spiels Geld ohne Ende verdient - selbst wenn man mal pleite ist, muss man nur eine Weile warten, da man mit verstreichender Zeit in jedem Fall mit den eigenen Gebäuden Geld macht, da man keinerlei Fixkosten hat.


Viel Geld zu haben klingt zwar erstmal nicht schlecht, bedeutet aber auch, dass Taktik keinerlei Rolle spielt und auch nicht nötig ist. Man muss nichts anderes tun als ein paar Apartments und Läden in die Landschaft zu pflanzen und diese zu verbessern - wobei letzteres sowieso nur optional ist. Darüberhinaus kostet das Verbessern auch kein Geld, sondern upgrade points, welche jedoch, im Gegensatz zu Geld, limitiert sind.
Selbst wenn man ein Gebäude nicht verbessert, wird man damit Geld verdienen, wenn auch nicht so viel wie mit einem, welches man mit US-Flagge, Neonlichtern oder Blumenkästen geschmückt hat.


Das Verbessern selbst macht anfangs auch durchaus Spaß: man plaziert Bäume, Blumentöpfe, Sitzbänke, Cola-Automaten oder ein paar Extra-Tische vor Restaurants, Kaufhäusern oder Apartments, hängt und stellt noch ein paar Werbeschilder, Fahnen, Scheinwerfer, Reklametafeln oder Pappfiguren auf, um Leute anzulocken und engagiert Kellnerinnen, Maskottchen oder Straßenmusiker.

Dabei kann man durchaus seine Kreativität ausleben, und es ist sicher der unterhaltsamste Teil des Spiels. Das Problem liegt jedoch darin, dass man das bei jedem einzelne Gebäude, das man baut oder kauft machen muss oder zumindest machen sollte.
Also bei so ziemlich jedem einzelnen Gebäude in Manhattan.
Spätestens nach dem 412. Baum, der 343. Bank und der 624. Neonreklame ist das ganze nur mehr stumpfsinnig und langweilig.


Der größte Fehler bei der Entwicklung dieses Spiels war wohl der, dass man im Prinzip kein Geld verlieren kann - außer durch das Bauen von Häusern, was jedoch im Verlauf der Zeit automatisch zu noch mehr Gewinn führt.

Egal wie ungünstig man seine Gebäude platziert, wie wenig man sie upgradet und wie sehr man die Bedürfnisse der Leute ignoriert: mit verstreichender Zeit wird man trotzdem Geld verdienen, da es keine Erhaltungskosten, Steuern oder andere Ausgaben gibt.

Verwunderlich ist in diesem Zusammenhang auch, dass es in der ganzen Stadt keinerlei Bedarf für Polizeistationen, Feuerwachen, Spitäler oder Verwaltungsgebäude gibt.
Ein paar Friseure oder Beauty Salons reichen, um das Verlangen der Bevölkerung nach Gesundheit zu erfüllen, und auch selbst wenn man überhaupt keine Fabriken, Büros oder Schulen baut, wird die Wirtschaft und Einwohnerzahl kontinuierlich wachsen.


Auch jene Chancen, die an ein bestimmtes Datum gebunden sind ("baue Gebäude entlang jener Route bis zum Halloween-Umzug am 31.10.") stellen keine wirkliche Herausforderung dar, da man einfach bis zum nächsten Jahr warten kann.

Was also bleibt von diesem Spiel, wenn man von den aufgezählten Schwächen absieht?

Fangen wir mit der Grafik an: ich habe das Spiel auf meinem Laptop gespielt, der grafikmäßig nicht allzuviel draufhat.
Dennoch war ich positiv überrascht: ich konnte alle Grafikeinstellungen auf Maximum drehen und das Spiel lief im Großen und Ganzen recht flüssig.
Die Stadt hat pulsiert vor Leben und es war zu erkennen, dass bei der Entwicklung des Spiels sehr viel Hingabe an Details gezeigt wurde.


Auch der Sound war beeindruckend: die lauter und leiser werdenden Hintergrundgeräusche von Fahrzeugen, Leuten und Musik erschufen einen äußerst realistischen Eindruck des Lebens in der Stadt und machten einen beträchtlichen Teil der Atmosphäre aus (zugegeben: das Vokabluar der Leute war etwas beschränkt).

Die Steuerung war überraschend einfach und sehr intuitiv. Man kann nur Maus oder Maus und Tastatur benutzen, um Gebäude zu bauen, Upgrades vorzunehmen und sich zu bewegen.


Bezüglich Stabilität ist zu sagen, dass das Spiel vereinzelt auch mal abstürzte und dass einige der Statistiken und Reports nicht funktionierten (oder vielleicht auch nur so langsam waren, dass ich keine Lust hatte, länger darauf zu warten).

Prinzipiell lief das Spiel aber stabil und ruckelfrei, lediglich bei den Paraden, bei denen hunderte, wenn nicht tausende Menschen durch die Straßen zogen, kam es zu einer merklichen Verringerung der Spielgeschwindigkeit.


Fazit: obwohl das Spiel teilweise stumpfsinnig ist und wirkliche Herausforderungen fehlen, fand ich die Atmosphäre so packend, dass mir das Spiel Spaß machte (zumindest ein paar Stunden lang).

Wer also Lust hat, für ein Weilchen einer simplen, intellektuell anspruchslosen Freizeitbeschäftigung nachzugehen, hat mit Tycoon City: New York vielleicht eine Freude.

Ich würde sogar soweit gehen, dieses Spiel als Wohlfühlspiel zu bezeichnen: es gibt keine Frustration, egal was man tut, denn man kann nichts falsch machen: am Ende hat man die Stadt seiner Träume erbaut und ist obendrein noch reich.


Stellt sich nur mehr die Frage, ob das Spiel sein Geld wert war. Angesichts der Tatsache, dass es eines von 5 Spielen in einem Gesamtpaket war, für das ich nur 10 Euro bezahlte, lautet die Antwort definitiv ja.

Einen Preis von 15 oder 20 Euro hätte ich dafür aber nicht bezahlt, denn von einem Spiel, das doch zu einem beträchtlichen Teil die Ökonomie einer ganzen Stadt simuliert erwarte ich mir auch ein halbwegs sinnvolles Wirtschaftssystem.

Es ist daher größtenteils der tollen Atmosphäre zu verdanken, dass es immerhin 4 von 10 Punkten gibt.

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen